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Endloses Bewusstsein
Medizinische Fakten und ein Erfahrungsbericht zu Nahtoderfahrungen
Zusammenfassung eines Vortrages von Pim Van Lommel und Sabine Mehne
„Das Bewusstsein hört nach dem Tod nicht auf zu existieren – es besteht weiter und ist unabhängig von Gehirnfunktionen“, so die These, die der holländische Kardiologe Pim van Lommel in wissenschaftlichen Langzeitstudien erforschte. Er hat mit 344Patienten, die einen Herzstillstand überlebt hatten, diese Forschungsstudie durchgeführt. Damit kommt er zu ganz anderen Ergebnissen über Leben und Tod, als sie in der herkömmlichen medizinischen Auffassung üblich sind.
Sabine Mehne berichtet über ihre eigenen Nahtoderfahrungen. Erlebnisse mit Licht, ein Lebensrückblick, ein Bewusstsein jenseits von Zeit und Raum, ohne die Enge des physischen Körpers haben ihr Leben nachhaltig verändert.
Dieser Vortrag fand statt im Rudolf Steiner Haus am 3. Dezember 2009
Pim van Lommel, geb. 1943, war als schulmedizinischer Kardiologe in leitender Position im Rijnstate Krankenhaus in Arnheim (NL) tätig. Seit 1986 untersucht er Nahtoderfahrungen aus wissenschaftlicher Sicht und ist Mitbegründer der niederländischen Sektion der International Association for Near-Death-Studies. Seine Forschungsergebnisse beschreibt er in dem Buch „Endloses Bewusstsein“.
Sabine Mehne, geb. 1957, ist Physio- und Familientherapeutin und Mitbegründerin des Netzwerkes Nahtoderfahrung e.V. Sie lebt in Darmstadt. Sie hatte als Kind und später als Erwachsene eigene Nahtoderfahrungen.
(Folgender Text ist eine stark gekürzte Fassung des Vortrages, in dem Pim van Lommel mit Hilfe von Beamer-Projektionen seine wissenschaftlichen Auswertungen darstellte.)
Die wichtigen Fragen zu Beginn der Studie waren: Steht das Bewusstsein mit der Unversehrtheit der Hirnfunktion in Verbindung oder ist es unabhängig davon? Gibt es ein sowohl zeitlich begrenztes als auch unvergängliches Bewusstsein?
Beschäftigt man sich mit dem Bewusstsein, stößt man beispielsweise auf folgende Phänomene: Wo ist das Bewusstsein während des Schlafes? Wo ist das Bewusstsein während einer Narkose? Wie lässt es sich erklären, dass Patienten, nachdem sie aus der Narkose wieder erwacht sind, genau schildern können, was während ihrer Operation die Ärzte und Schwestern gesagt haben? Sollte man davon ausgehen, dass auch Menschen im Koma oder bei Hirntod ein Bewusstsein haben?
Neulich wurden in den Niederlanden verschiedene Bücher über die Erfahrungen von Koma-Patienten veröffentlicht. Nachdem sie aus dem Koma erwacht waren, hatten sie genaue Erinnerungen außerhalb und oberhalb ihres Körpers. Sie hatten die Ärzte, Schwestern und auch ihre Familienangehörigen gesehen.
Aufgrund all der Berichte von Menschen mit Nahtoderfahrungen (NTE) sollten wir die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass Menschen während eines Herzstillstandes ein Bewusstsein haben können. Und wir sollten uns fragen, ob es nicht auch dann Bewusstsein geben kann, nachdem jemand tatsächlich gestorben ist.
Was ist eine Nahtoderfahrung? Manche Menschen, die eine lebensbedrohliche Krise überlebt haben, bzw. reanimiert wurden, berichten von einer ungewöhnlichen Bewusstseinserfahrung während dieser wenigen Minuten. Dazu gehören verschiedene Elemente: eine außerkörperliche Wahrnehmung, angenehme Gefühle, eine Vision von einem Tunnel, Wahrnehmungen von Licht, eine Lebensrückschau, die Begegnung mit verstorbenen Verwandten etc.
Es sind verschiedene Umstände beschrieben, bei denen solche NTE berichtet werden, z. B. Herzstillstand, klinischer Tod, Schock, Koma, naher Tod durch Ertrinken, ernsthafte, aber nicht unmittelbar lebensbedrohliche Erkrankungen, während einer Depression, tiefer Meditation, aber auch ohne offensichtliche Gründe.
Die NTE führt fast immer zu tiefgreifenden und nachhaltigen Lebensveränderungen, u. U. entsteht eine verstärkte Sensitivität, eine angstfreie Einstellung gegenüber dem Tod etc.
Der Inhalt, d. h. die Ereignisse einer NTE und die Wirkung auf die Patienten scheinen weltweit und in allen Kulturen ähnlich zu sein. Das Vokabular, mit dem diese Erfahrungen beschrieben und auch interpretiert werden, ist durch individuelle, kulturelle und religiöse Faktoren geprägt. Ein Kind beschreibt diese Erfahrungen anders als ein Erwachsener, ein Christ anders als ein Buddhist oder Atheist.
Es gibt heute mehr Nahtoderfahrungen als früher, aufgrund der durch die modernen Wiederbelebungsmethoden erhöhten Überlebensrate.
Nach einer aktuellen Stichprobe in Deutschland und den USA müssen 4% der gesamten Bevölkerung eine Nahtoderfahrung gehabt haben, d. h. das sind in Deutschland mehr als drei Millionen Menschen.
Aber warum wird uns Ärzten kaum von einer NTE erzählt? Zuerst ist sie für den betroffenen Menschen ein unbekanntes und unverständliches Phänomen. Patienten sind aufgrund negativer Reaktionen, die sie erlebt haben, sehr zurückhaltend ihre Erfahrungen anderen mitzuteilen. Die meisten wollen ihre Geschichte einfach selbst nicht glauben! Sie brauchen dann das Gefühl, dass man ihnen ohne Vorurteile und Kommentare zuhört. Eines Tages hatten wir eine Konferenz zu NTE mit mehr als 300 Menschen in einem Universitätskrankenhaus. Am Ende eines Vortrags stand ein Mann auf und sagte: „Ich bin seit 25 Jahren Kardiologe und ich habe noch nie so absurde Geschichten gehört! Das ist totaler Unsinn. Ich glaube kein Wort davon.“ Daraufhin stand ein anderer Mann im Publikum auf und erwiderte: „Ich bin einer ihrer Patienten. Ich hatte während eines Herzstillstandes eine NTE. Und Sie wären der Letzte, dem ich davon erzählen würde.“
Wie es zu der Forschungsstudie kam
Im Jahre 1969 kam ich zum ersten Mal mit NTE in Kontakt. Ich war in der Facharztausbildung als Kardiologe und ein Patient in unserer Abteilung wurde erfolgreich wiederbelebt. Als er wieder zu Bewusstsein kam, war er zum Erstaunen aller sehr enttäuscht und erzählte er mir, dass er durch einen Tunnel gegangen sei, dass er Licht und schöne Farben gesehen habe und Musik gehört hätte.
Jahre später, 1975, schrieb Raymond Moody zum ersten Mal ein Buch über NTE. Es handelt sich dabei um Phänomene, die weltweit in vielen Kulturen und zu allen Zeiten beschrieben worden waren. Beispielsweise hatte Hieronymus Bosch 1480 ein Bild gemalt, in dem Verstorbene durch einen Tunnel ins Licht geleitet werden.
Ich selbst begann 1986 systematisch meine Patienten zu interviewen. Zu meiner großen Überraschung konnten innerhalb von zwei Jahren zwölf von fünfzig der Patienten, die einen Herzstillstand überlebt hatten, von einer NTE berichten.
Das warf und wirft auch heute noch eine Reihe grundsätzlicher Fragen auf: Wie und warum kommt es zu einer Nahtoderfahrung? Wie entstehen ihre Inhalte? Warum bewirkt sie so tiefgreifende Veränderungen bei jedem der Betroffenen? Bis vor kurzem gab es keine wissenschaftliche Forschung, die Gründe und Inhalte einer NTE hätte erklären können. Wir wollten wissen, warum Menschen während einer Phase des klinischen Todes Bewusstsein erleben können.
Ergebnisse der Studie
Wir befragten 344 Patiente , die einen Herzstillstand überlebt hatten, was sie aus dieser Zeit der Bewusstlosigkeit erinnern konnten. 282 Patienten hatten keine Erinnerungen, aber 62 Patienten, also 18% der Patienten, hatten Erinnerungen an diese kurze Phase des klinischen Todes.
Davon waren sich 50% ihres eigenen Todes bewusst, 25% hatten eine außerkörperliche Erfahrung, 30% berichteten von einem Tunnelerlebnis, 25% hatten eine Kommunikation oder eine Beobachtung mit dem Licht, 30% sahen eine himmlische Landschaft oder/und hatten eine Begegnung mit verstorbenen Angehörigen, 8% nahmen eine Grenze wahr, nach deren Überschreiten keine Rückkehr in den eigenen Körper mehr möglich war. Niemand schilderte eine negative Erfahrung.
Eine Studie in den USA und zwei in Großbritannien mit ähnlichen Forschungszielen kamen auf ungefähr denselben Prozentsatz von Nahtodeserfahrungen: 10% bis 20% bei insgesamt 562 Patientinnen und Patienten.
eine lang anhaltende Wirkung einer Erfahrung, die nur wenige Minuten gedauert hatte
Was war der Unterschied zwischen der kleinen Prozentzahl derjenigen, die von einer NTE berichteten und denen, die von keiner berichtet haben? Wir stellten uns auch die Frage, ob die bekannten Veränderungen der Lebenseinstellung bei Menschen nach einer NTE auf das Überleben eines Herzstillstands oder auf das Erleben einer NTE zurückzuführen sind. Dazu führten wir eine Langzeitstudie durch, d. h. nach zwei und nach acht Jahren interviewten wir die Patienten noch einmal, gleichzeitig mit einer Kontrollgruppe von anderen Menschen mit einem Herzstillstand, die aber keine NTE hatten. Es zeigte sich, dass nur die Menschen mit NTE keine Angst mehr vor dem Tod hatten, sie hatten eine erweiterte intuitive Sensibilität, ihre Haltung gegenüber dem Leben war geprägt von mehr Mitgefühl und Liebe. Es war also eine lang anhaltende Wirkung einer Erfahrung, die nur wenige Minuten gedauert hatte.
Das Paradoxon, dass gerade in einer Phase, in der die Durchblutung des Gehirns vollkommen zum Erliegen kommt, ein erweitertes Bewusstsein, sowie logische Denkprozesse möglich sind, führt zu der für unser heutiges Verständnis besonders heiklen Frage zwischen Bewusstsein und Gehirnfunktionen. Die heutige Wissenschaft hat das Bewusstsein bisher ausschließlich im Gehirn verankert. Wenn das Gehirn so außer Funktion ist, dass der Patient sich in einem tiefen Koma befindet, sind die Gehirnfunktionen ernsthaft beeinträchtigt, dann könnten komplexe Erfahrungen, wie sie in einer NTE auftauchen, gar nicht auftreten oder erinnert werden. Insofern muss man zur Diskussion stellen, ob das Bewusstsein nur eine Folge eines funktionierenden Gehirns ist.
Elemente, die zu einer NTE gehören:
– Die außerkörperliche Erfahrung.
Die Menschen haben Wahrnehmungen außerhalb und oberhalb ihres Körpers; sie haben das Gefühl, sie hätten ihren Körper wie einen alten Mantel abgestreift und zurückgelassen. Zu ihrem eigenen Erstaunen sind ihre eigene Identität, ihre Wahrnehmungsfähigkeit, ihre Emotionen und ein sehr klares Bewusstsein erhalten geblieben.
Diese Wahrnehmungen sind keine Sinnestäuschung oder Halluzinationen, sondern sie lassen sich im Nachhinein gut überprüfen. Beispielsweise hatte ein komatöser Patient eine Zahnprothese, die der Arzt herausnahm und die Krankenpflegerin legte sie auf den Instrumentenwagen. Nachdem der Mann wieder aus dem Koma erwacht war, sagte er zum Arzt: „Sie waren es, der mir die Zahnprothese aus dem Mund genommen hat. Und diese Krankenschwester hat sie in die Schublade des Instrumentenwagens gelegt.“ Das alles war passiert, als der Mann in tiefem Koma lag, er hat sich also selbst im Bett liegen sehen und hatte wahrgenommen, wie die Ärzte und Krankenschwestern mit seiner Wiederbelebung beschäftig waren.
– der holographische Lebensrückblick.
Man überblickt sein ganzes Leben in einem einzigen Augenblick, alles ist gleichzeitig existent und erlebbar; alle Menschen scheinen zeitlos miteinander verbunden zu sein. Das ganze Leben erscheint wie ein Panorama und alle Ursachen und Folgen sind wie ausgebreitet. Der Betreffende betrachtet das alles nicht nur aus seiner Sicht, sondern kann die Gedanken der anderen, die an den Ereignissen beteiligt waren, auch aus deren Sicht erleben. Ein Betroffener sagte einmal: „Alle gedachten Gedanken gehen nicht verloren.“ Der Betroffene fühlt die Präsenz nicht nur von jeder einzelnen Tat, sondern auch von jedem einzelnen Gedanken seines vergangenen Lebens. Er ist auch mit dem Bewusstsein der anderen Menschen verknüpft und insofern erlebt er auch die Konsequenzen seiner eigenen Gedanken, Worte und Taten – zu dem Zeitpunkt, als sie stattgefunden haben. Man versteht nun das kosmische Gesetz, dass alles, was man anderen antut, auf einem selbst zurückkommt.
Die Menschen können stunden- oder tagelang über ihre Lebensschau sprechen, obwohl der eigentliche Herzstillstand nur wenige Minuten gedauert hatte. Zeit und Raum sind scheinbar nicht mehr existent.
– Begegnung und Kommunikation mit Verstorbenen.
Es ist während einer NTE möglich, mit verstorbenen Bekannten oder Verwandten in einer Dimension jenseits dieser Welt in Kontakt zu kommen. Die Kommunikation ist durch Gedankenkraft möglich. Manchmal hat derjenige Menschen getroffen, von denen er gar nicht wusste, dass sie tot waren, manchmal waren sie ihm auch nicht bekannt. Zitat: „Während der NTE sah ich nicht nur meine Großmutter, sondern auch einen Mann, den ich nicht erkannte. Etwa zehn Jahre später erzählte mir meine Mutter am Sterbebett, dass ich aus einer außerehelichen Beziehung hervorgegangen sei. Mein biologischer Vater war ein Jude, den man während des zweiten Weltkrieges abtransportiert und umgebracht hatte. Meine Mutter zeigte mir sein Foto. Es war der unbekannte Mann, den ich 10 Jahre zuvor während meiner NTE gesehen hatte.“
– Die bewusste Rückkehr in den Körper.
Manche Patienten sind in der Lage zu beschreiben, wie sie in ihren Körper zurückgekehrt sind. Meist war davor eine Einsicht, dass es noch nicht an der Zeit war zu sterben oder dass sie noch eine Aufgabe zu erfüllen hatten. Das Zurückkehren wird erlebt, als ob sie in ihren Leib wieder eingesperrt werden, mit den alten Schmerzen und den Einschränkungen ihrer Krankheit. Nahezu alle verlieren danach die Angst vor dem Tod. Sie haben erlebt, dass das Bewusstsein weiter andauert, und dass alle Gedanken und vorausgehenden Ereignisse bestehen bleiben. Der Mensch scheint mehr zu sein als nur ein Körper. Zitat: „Der Tod war nicht der Tod sondern eine andere Lebensform.“
Die möglichen Folgen für die heutige Wissenschaft
Ich bin mir klar darüber, dass meine Vorgehensweise neu und unerwartet für die meisten Neurowissenschaftler ist und dass die Schlussfolgerungen nicht übereinstimmen mit dem heutigen Paradigma der westlichen Wissenschaft.
Wir müssen zugeben, dass es nicht möglich ist, das Bewusstsein auf neurale Prozesse zu reduzieren, denn es ist eine unbewiesene Annahme, dass das Bewusstsein und die Erinnerungen dem Gehirn alleine entstammen. Es ist unmöglich, mit den derzeitigen wissenschaftlichen Konzepten die Erfahrungen, die während eines vorübergehenden Verlustes aller Hirnfunktionen während einer NTE berichtet werden, zu erklären.
Die Aufgabe der Wissenschaft ist meiner Meinung nach die Erforschung neuer Mysterien und damit gleichzeitig die alten Konzepte zu hinterfragen.
Frederik van Eeden ein berühmter holländischer Arzt, sagte bereits im Jahre 1890 in einem Vortrag: „Ich persönlich bin mehr denn je davon überzeugt, dass der größte Feind des wissenschaftlichen Fortschritts die Haltung ist, unverständliche, fremde und unbekannte Tatsachen bereits im Vorfeld aufgrund von Vorurteilen abzulehnen und zu verneinen.“ Wie aktuell ist diese Aussage! Die heutige Wissenschaft ist eine Beschreibung von Glaubenssätzen, wie Probleme verstanden werden müssen, und Beobachtungen, die bestehende Paradigmen bedrohen, werden übersehen, ignoriert oder als Irrtum abgetan. Auch Nahtoderfahrungen werden so betrachtet, denn der aktuelle medizinische Stand kann nicht den Zusammenhang vom menschlichen Bewusstsein in der Beziehung zu unserem Gehirn erklären.
Es ist eine Herausforderung an die Wissenschaft, die Hypothese zu erforschen, wie man unmittelbar und gleichzeitig vergangene, gegenwärtige und zukünftige Ereignisse erleben kann, sich selbst außerhalb, oberhalb des eigenen leblosen Körpers sieht und all die anderen Phänomene der NTE. Das wache Bewusstsein kann gemessen werden mit EEG, Kernspin etc. Das nicht-messbare und nicht-lokale Bewusstsein ist nicht direkt nachweisbar. Es hat seinen Ursprung in einer unsichtbaren Dimension jenseits von Zeit und Raum.
Das Gehirn – nur ein „Empfangsmodul“?
Im Wachbewusstsein hat das Gehirn lediglich eine vermittelnde Funktion, es empfängt Informationen, produziert diese aber nicht. Es kann mit dem Internet, dem Radio oder dem Fernsehen verglichen werden: der Apparat empfängt lediglich elektromagnetische Wellen und wandelt sie in Bilder oder Sprache um. Diese Wellen enthalten die Informationen, über die wir uns nur bewusst werden, wenn wir den Apparat anschalten. Aber was wir dann empfangen, stammt nicht aus dem Apparat selbst.
Wir sind uns nicht des Umfangs der elektromagnetischen Felder bewusst, die ständig um uns herum existieren, sondern nur dann, wenn wir den Computer, den Fernseher, das Radio einschalten. Die Stimme, die wir im Telefon hören, ist nicht das Telefon selbst, sie wird nur davon übertragen.
So können wir zusammenfassen: Das Wachbewusstsein, das wir täglich erleben, ist nur ein Teil unseres endlosen Bewusstseins. In diesem endlosen, oder auch nicht-örtlichen Bewusstsein ist alle Weisheit und bedingungslose Liebe präsent und verfügbar. Dieses nicht-lokale Bewusstsein besteht in einer Dimension, die ohne das Konzept von Zeit und Raum auskommt; man könnte es auch höheres, göttliches oder kosmisches Bewusstsein nennen. Menschen können mit diesem Bewusstsein verbunden sein während einer NTE, aber auch in Todesangst, während einer Meditation, Hypnose, Isolation, dem Gebrauch von Drogen, in der Endphase des Lebens kurz vor dem Tod usw.
Als Folge einer NTE erfahren die Menschen zu ihrem eigenen Erstaunen eine erweiterte intuitive Sensitivität, die sich auf der Verbundenheit mit diesem erweiterten, nicht-lokalen Bewusstsein begründet. Wahrscheinlich haben sie eine erweiterte Empfangskapazität, vergleichbar mit einem Radio, das nicht nur das Programm 1 für das eigene Bewusstsein aufnehmen kann, sondern auch gleichzeitig auch die Programme 2, 3, 4 usw. der anderen empfangen kann.
der Tod ist nur der Übergang von einer Bewusstseinsstufe in eine andere
Nach wie vor gibt es mehr Fragen als Antworten. Aber nach all den bisherigen Forschungsergebnissen über die Kontinuität unseres Bewusstseins sollten wir die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass der Tod, wie auch die Geburt, nur ein Übergang von einer Bewusstseinsstufe in eine andere ist.
Weil man Bewusstsein unabhängig von der Hirnfunktion erfahren kann, muss das in den Paradigmen der westlichen Wissenschaft einen weit reichenden Wandel herbeiführen. Das hätte dann auch praktische Auswirkungen in der Medizin, z. B. bei der Pflege komatöser oder sterbender Patienten, bei der Organentnahme zur Transplantation etc. Dieses Paradigma ändert auch fundamental die Meinung von uns Menschen über den Tod: der Tod ist nur das Ende unseres physischen Aspekts. Anders ausgedrückt: Ich habe einen Körper, ich bin nicht mein Körper; ich bin Bewusstsein, nicht: ich habe Bewusstsein. Ein Patient hat einmal beschrieben: Ich kann ohne meinen Körper sein, aber mein Körper kann nicht ohne mich sein.
Plato hat vor 2000 Jahren geschrieben: Der zeitlich begrenzte Körper ist der zeitlich begrenzte Träger unserer unsterblichen Seele.
Literatur: Pim van Lommel, „Endloses Bewusstsein – neue medizinische Fakten zur Nahtoderfahrung“, Patmos Verlag
Bericht von Sabine Mehne
Ich bin jedes Mal berührt und unsicher darüber, wie ich etwas beschreiben soll, wofür es keine Worte gibt.
Ich möchte mit einem lyrischen Stenogramm beginnen, so nenne ich Texte, die mir oftmals spontan, vor allem nachts einfallen .
Es war die absolute Liebe
Verlasse den Körper,
die leibliche Hülle,
verschwimmende Erdenform.
Streife ihn ab,
Häute mich wie die Schlange,
Ballast fällt von mir.
Mein selbst löst sich auf,
bin nicht verloren
trete ins Licht.
bade im Licht, mein Ich
vom Licht durchdrungen.
Das Licht
ist pure Liebe
pure Liebe, die alles sprengt und
alles verbindet.
Raum- und zeitlos
schwebe ich befreit,
leicht und glücklich.
Familienbande gelöst, sicher fühlend,
sie bleibt, gewandelt, im Lebensfilm.
Abschied nehmend und versöhnt,
mit denen, wo Streit herrschte.
Essenz meines Seins völlig losgelöst
von allem, in Bezug zum ganzen Kosmos
ganz verstehend, ganz wissend.
Ohne Worte, ich, winziger
Teil des großen Ganzen
und gleichzeitig das Ganze selbst.
Sabine Mehne
Um zu verstehen, was passiert ist, lade ich Sie ein, ein paar Jahre mit mir zurückzugehen. Es war 1995, ich war 38 Jahre alt, bis dahin immer kerngesund, beruflich selbständig und mit beiden Beinen im Leben; unsere drei Kinder waren damals noch sehr klein. Aus heiterem Himmel wurde ich krank, bekam Fieber, dicke Lymphknoten, Hautblutungen und wurde immer weniger. Von Anfang an hatte ich das Gefühl, dass etwas Schweres auf mich zukommt. Ich kam in die Klinik, die Ärzte waren ratlos, es ging mir immer schlechter. Das Ganze dauerte ein halbes Jahr; zum Schluss wurde ich künstlich ernährt und war wegen großer Schmerzen dauerhaft auf Morphium eingestellt. Ich hatte innerlich mit dem Leben abgeschlossen.
Dann geschah es bei einer medizinischen Untersuchung plötzlich wie von selbst, dass ich meinen Körper verließ, und zwar bin ich oben aus dem Kopf wie rausgezogen worden. Ich konnte mich gar nicht dagegen wehren. Plötzlich war ich oben an der Decke, schaute runter und sah den Körper da unten liegen, sah auch die Gesichter von den Ärzten, die ganz konzentriert waren. Es erstaunte mich sehr, dass es mich gar nicht berührte. Ich war plötzlich in einer anderen Dimension. Spürte keinen Schmerz mehr, Raum und Zeit spielten keine Rolle. Ich konnte alles gleichzeitig wahrnehmen, was ich jetzt nur mühsam nacheinander erzählen kann. Ich war hellwach wie nie zuvor in meinem Leben. Ich hatte keine Tunnelvision, sondern bin schnell direkt im Licht gelandet. Dazwischen fühlte sich mein Körper wie ein Lichtkörper an, ich hatte das Gefühl, nur noch Licht zu sein, ein Teil des Lichtes zu sein, das überall war. Es war ein wunderbares Erlebnis.
Ich hörte schöne Musik. Was mich auch jetzt immer wieder berührt, war der ausführliche Lebensrückblick, den ich hatte. Ich konnte nicht nur alle Stationen von meinem Leben sehen, sondern es war auch ein Verstehen und Fühlen von allen Situationen – nicht nur von meinen alleine, sondern von all denen, die dazu gehörten. Ich konnte viele Situation plötzlich glasklar verstehen, warum es nur so und nicht anders hatte gehen können, gerade bei den Momenten, in denen nicht alles so glatt verlaufen war.
Ich wollte nicht mehr zurück in diesen Körper. Aber ohne dass ich dagegen etwas hätte unternehmen können, bin ich, genauso wie ich oben rausgegangen war, wieder zurückgeholt worden. Plötzlich war ich wieder drin! Und es war wieder alles schmerzhaft, sehr eng und bedrückend. Ich wusste damals gar nicht, was mir passiert war. Auch lange Jahre danach wusste ich nicht, was Nahtoderfahrungen sind.
Drei Wochen nach diesem Erlebnis hatten die Ärzte eine schwere, aggressive Krebsform diagnostiziert, vergleichbar mit einer akuten Leukämie, die sehr schnell zum endgültigen Tode geführt hätte, wenn ich nicht mit dieser kostbaren Hochleistungsmedizin behandelt worden wäre. Ich hatte danach mehrere Chemotherapien und eine Knochenmarktransplantation überstanden. Ohne dass ich wusste, was mir geschenkt worden war, fühlte ich irgendeine Kraft in mir, und ich bin mir sicher, dass ich ohne dieses Erlebnis diese Tortur nicht überlebt hätte.
Es hat vier Jahre gedauert, bis ich verstand, was passiert war – durch eine Fernsehsendung. Ich konnte nicht schlafen und zappte mich durch das Programm. Plötzlich war ein dicker Mensch auf dem Bildschirm und erzählt von seinem Nahtoderlebnis nach einem Herzstillstand. Ich saß vor diesem Apparat und nickte nur dauernd. Es war total befreiend, endlich zu verstehen, was ich erlebt hatte. In den vier Jahren hatte ich eine wahnsinnige Sehnsucht danach gehabt, wieder dahin zu kommen, ohne zu wissen, wohin ich eigentlich wollte. Ich fühlte mich immer total zerrissen und konnte mein neu geschenktes Leben gar nicht so richtig auskosten.
Es begann ein mühsamer Prozess von Erkenntnis und währenddessen kam mir auch die Erinnerung daran, was ich als Kind erleben durfte, bzw. musste. Ich hatte es all die Jahre „vergessen“, aber plötzlich waren alle Bilder wieder da. Mit Hilfe meiner Familie konnte ich die Ereignisse rekonstruieren. Ich war etwa sieben Jahre alt und bin beim Spielen in eine mit Wasser gefüllte Regentonne gefallen. Ich war damals auch aus dem Körper rausgetreten und hatte auf mich in dieser Tonne heruntergeschaut. Ich hatte dieses Gefühl des Eins seins, aufgehoben in Frieden und Liebe. Es war kein Licht dabei. Aber das Gefühl des Eins seins hat mich als Kind immer begleitet. Als ich in dem Buch von Pim van Lommel über die Nahtoderfahrungen von Kindern gelesen hatte, konnte ich noch mal richtig Frieden schließen mit meinem Lebensweg und viele Dinge verstehen. Meine Jugend war in vielen Aspekten anders verlaufen, ich habe mich immer fremd gefühlt und nicht ganz zugehörig.
Wenn ich heute zurückblicke und mein Leben nur unter der Perspektive der Nahtoderfahrung betrachte, machen viele Situationen in meinem Leben einen tiefen Sinn, die ich mit nichts anderem in Verbindung bringen könnte. Es ist ein schönes Gefühl, wenn man in seinem Leben so einen roten Faden findet, der einen in die Tiefe führt. Mittlerweile ist die Sehnsucht nicht mehr so groß – ich habe sie schon noch, aber ich vertraue darauf, dass ich bei meinem großen Finale das Licht noch schöner und tiefer erleben darf und habe eigentlich begriffen, dass das Licht jetzt schon da ist. Es ist immer da, in jeder Zelle von mir und begleitet mich jeden Tag.
So habe ich vor ein paar Wochen ein weiteres Stenogramm geschrieben, mit dem Titel
Zwischenbilanz
Mein Leben ist ein Fest
und jeder Tag mein liebster Gast.
Die Sehnsucht tanzt mit mir
bis spät zur Nacht.
Dort haben wir ein Stelldichein
mit dem vertrauten Tod.
Der lacht und winkt
und schickt mich heim
zu meinem heißgeliebten Sein.
Ich bin und werde
EINS-SEIN.
Sabine Mehne
www.netzwerk-nahtoderfahrung.de
Sabine Mehne, Auswirkungen einer Nahtoderfahrung auf das eigene
Leben und die Einstellung zu Tod und Sterben, in: Nahtoderfahrungen – Neue Wege der Forschung, Nicolay, J. und Serwaty, A., Goch, 2009
Sabine Mehne, Transformation und Versöhnung, in: Nahtod und Transzendenz – eine Annäherung aus Wissenschaft und Erfahrung, Nicolay, J. und Serwaty, A., Goch, 2008
Zusammenfassung der Vorträge: Christine Pflug