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In welcher Welt leben wir?
Megatrends und die VUCA-Welt
Interview mit Silke Stremlau, Sozialwissenschaftlerin und Vorständin der Hannoverschen Kassen
Unbeständig, unsicher, komplex und mehrdeutig – so erleben wir immer mehr unsere Welt. Das sind Bedingungen in unserer Gesellschaft, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen, und diese spiegeln sich auch in Unternehmen und Organisationen. Die sogenannte VUCA-Welt beschreibt vier Herausforderungen, die wir in unserer Arbeit und auch im persönlichen Leben zu meistern haben. „Was gibt uns Sinn?“ und „Wie kann ich mich selbst führen?“ sind dabei wichtige Fragen.
Interviewpartnerin: Silke Stremlau (Jg. 1976) ist seit 2018 Vorständin der Hannoverschen Kassen – einer nachhaltigen Pensionskasse. Frau Stremlau verantwortet dort die Bereiche Kapitalanlage, Nachhaltigkeit und Personal. Zuvor war sie als Generalbevollmächtigte bei der BANK IM BISTUM ESSEN eG tätig. Zwischen 2000 und 2015 hat sie als Gesellschafterin bei der imug Beratungsgesellschaft den Bereich „Nachhaltiges Investment“ aufgebaut und geleitet und dort eine umfassende Expertise in Sachen Sustainable Finance entwickelt. Sie studierte an der Universität Oldenburg Sozialwissenschaften mit Schwerpunkt Umweltpolitik und an der Akademie deutscher Genossenschaften (ADG) erlangte sie den Grad Dipl. Bankbetriebswirtin Management. Silke Stremlau war zudem stellv. Vorsitzende des Sustainable Finance Beirates der letzten Bundesregierung und ist stellv. Aufsichtsratsvorsitzende bei der UmweltBank AG in Nürnberg
Christine Pflug: Sie haben eine Schrift verfasst in der Sie darstellen: Das, was in der Gesellschaft lebt, spiegelt sich in Unternehmen wider. Es gibt aus der Soziologie den Begriff VUCA, mit dem die derzeitige Gesellschaft beschrieben wird und der gleichzeitig auf die Unternehmenswelt zutrifft. Was ist VUCA?
Silke Stremlau: VUCA ist ein Akronym und steht für vier englische Worte: volatility (Volatilität), uncertainty (Unsicherheit) complexity (Komplexität), ambiguity (Mehrdeutigkeit). Ich finde das eine gute Beschreibung unserer Welt und unserer Gesellschaft.
„Volatil“ ist ein Begriff aus dem Finanzmarkt und beschreibt ein Hoch und Runter an Themen, Emotionen, Aufgeregtheiten, es gibt keinen stabilen Zustand.
„Unsicher“ – gerade vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie, des Klimawandels leben wir in unsicheren Zeit: Was gibt es morgen noch? Wie sicher sind unsere Gemeinschaften? Wie sicher ist die Währung? Wie planbar oder wie unvorhersehbar ist unsere Welt? Das erleben viele so, auch wenn beispielsweise Kriegszeiten viel unsicherer waren.
Das dritte Wort „Komplexität“ verstehe ich so, dass es keine einfachen Wahrheiten mehr gibt, dass alles mit allem zusammenhängt, dass wir vielfach Phänomene haben, die nicht einfach zu lösen sind. Beispielsweise reicht es beim Klimawandel nicht aus, dass wir alle mit dem Auto nur noch 80 km/h fahren oder Ökostrom beziehen, sondern der Klimawandel wird trotzdem fortschreiten. Die Probleme sind komplex, und es gibt keine einfachen Wahrheiten und Handlungsstrategien.
Daran schließt der vierte Punkt von VUCA an: Mehrdeutigkeit (ambiguity). Es gibt keine „richtigen“ Lösungen, die Dinge müssen von mehreren Seiten betrachtet werden, um Schlüsse ziehen zu können. Wenn wir auf Corona schauen, kann man das aus unterschiedlichen Perspektiven sehen, aber alle denken, sie hätten die Wahrheit und das einzig richtige Verständnis. Auch bei Zahlen, bei denen man denkt, die seien wissenschaftlich begründbar, schauen die Menschen mit unterschiedlichen Werten, Erfahrungshintergründen drauf und ziehen aus denselben Zahlen unterschiedliche Schlüsse.
Insofern finde ich den Begriff VUCA sehr passend, um zu erklären, in welcher Welt und Gesellschaft wir leben und mit welchen Herausforderungen wir zu tun haben. Das hängt sicherlich auch damit zusammen, dass die Wertmaßstäbe, die z. B. von Kirchen, von Parteien etc. kommen, an Erklärungshintergrund und Deutungsherrschaft verlieren. Auch ist es nicht mehr so, dass alle Menschen abends um 20 Uhr die Tagesschau anschauen und damit ihren Blick auf die Welt formieren, viele beziehen ihre Informationen aus dem Internet und aus anderen, ganz unterschiedlichen Richtungen. Auch das erleben wir bei Corona ganz stark. Das alles führt zu dieser VUCA-Welt in der Gesellschaft, im Berufsleben, in den Familien, im Freundeskreis; wir müssen uns mit der Mehrdeutigkeit, der Unsicherheit, der Volatilität und Komplexität der Welt auseinandersetzen.
C. P.: Ich fand es erleichternd und entlastend, für diesen Sachverhalt einen Begriff zu haben. Das löst zunächst zwar nichts, aber nimmt die Situation aus dem persönlichen Versagen heraus, dass man nämlich Vieles nicht versteht, überblickt, zu einer deutlichen Position findet und beurteilen kann.
In Ihrer Expertise beschreiben Sie neben VUCA auch die „Megatrends“ in unserer Gesellschaft, die man ebenfalls in Unternehmen findet. Was zeichnet die Megatrends aus?
eine starke Individualisierung
S. Stremlau: Das ist zum einen die starke Individualisierung. Das merke ich am deutlichsten in den sogenannten „Sozialen Medien“, wo sich die Einzelnen nicht als einen Teil einer Gemeinschaft definieren, sondern es geht ihnen darum, sich selber zu inszenieren, in den Vordergrund zu rücken und möglichst einzigartig zu sein; mit dem, was man anzieht, isst, mit wem man zusammen ist, wie man lebt, bis hin zur Geschlechtszugehörigkeit – auf Facebook gibt es über 60 verschiedene Geschlechtsidentitäten. Ich merke natürlich auch in den Unternehmen, dass es immer schwieriger wird, ganze Gruppen anzusprechen und mit homogenen Gruppen zu kommunizieren. Ich muss mich als Führungskraft darauf einstellen, dass ganz unterschiedliche Individuen da sind und muss meinen Führungsstil sehr individuell anpassen: Was braucht der/die Einzelne, auf was spricht er/sie an, braucht sie/er viel oder weniger Feedback, enge Unterstützung oder großzügige Führung? In Schulen und kleinen Unternehmen hat man das immer schon verstanden, aber große Unternehmen hatten bislang standardisierte Führungsstile. Das funktioniert nicht mehr.
Die enorme Beschleunigung ist auch ein gesellschaftlicher Trend, den wir durch die Digitalisierung, Emails und social media merken. Man hat eine riesige Anzahl an Emails, geht von einem Online-Meeting zum nächsten und hetzt allem hinterher. Das führt mitunter zu Burnout, zu sozialer Erschöpfung. Gerade das Thema Digitalisierung hat durch Corona in den letzten zwei Jahren einen Schub bekommen. Es ist natürlich prima, dass wir weiter arbeiten können, vor 50 Jahren hätten wir in einer solchen Lage viele Arbeitsprozesse nicht machen können, aber die Möglichkeiten des Innehaltens, Atemholens, kreativer Langeweile sind immer weniger vorhanden.
C. P.: Gehört in diesen Beschleunigungsbereich auch, dass das Maß an Entwicklungen, das man früher in beispielsweise 10 Jahren hatte, heute in demselben Zeitraum sehr viel mehr ist?
manche Menschen fühlen sich abgehängt
S. Stremlau: Durchaus, und es führt auch dazu, dass sich manche Menschen abgehängt fühlen. In Mitarbeiterumfragen kann man sehen, was gerade die Kolleg:innen im mittleren Alter in dieser Coronazeit vermissen: Sie haben den großen Wunsch, bei technischen Aktualisierungen mehr mitgenommen zu werden und Unterstützung zu bekommen, wie sie mit den Medien umgehen können. Die jungen Mitarbeitenden haben einen ganz anderen Zugang, haben keine Probleme mit Video-Konferenzen, aber die älteren Kollegen wollen lieber ins Büro kommen und die Leute sehen und nicht nur vor dem Bildschirm sitzen.
die „Generation Y“
C. P.: Es gibt die Bezeichnung „Generation Y“, das sind die jungen Leute in den Dreißigern, die heute im Berufsleben stehen. (Generation Y fasst die Menschen zusammen, die zwischen 1980 und 1995 geboren wurden und auch mit dem Begriff Millennials benannt werden. Anm. d. Red.) Was bringen die ein? Wie prägen sie das Arbeitsleben?
diese Generation fragt viel mehr nach dem Sinn der Arbeit
S. Stremlau: Das Y steht, auch von der Aussprache her für „why“, für „warum“. Forscher:innen und Soziolog:innen haben herausgefunden, dass diese Generation viel mehr nach dem Sinn der Arbeit fragt. Man kann sie in Unternehmen nicht mehr locken mit Statussymbolen wie Dienstwagen, großem Büro mit großem Schreibtisch, sondern sie wollen eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf, wollen weniger arbeiten und fragen mehr nach der Sinnhaftigkeit: Welchen Mehrwert für die Welt hat diese Arbeit? Das ist für viele Personaler:innen in Großunternehmen eine echte Herausforderung: Wie geht man mit dieser Klientel um? Wie bindet man sie ans Unternehmen? Wenn es ihnen nämlich nicht passt, gehen sie sehr schnell wieder. Sie haben keine Sorgen, wieder eine neue Stelle zu finden und wissen, dass sie noch äußerst lange arbeiten werden. Manchmal gibt es die Problematik, dass sie von einem Praktikum zum nächsten gehen, aber im Allgemeinen sind sie gut qualifiziert, wissen, was sie wollen und sind nicht leicht zu ködern mit Geld und Statussymbolen.
C. P.: Wie gehen Sie mit diesen Phänomenen, die wir in der Gesellschaft und in der Berufswelt finden, in Ihrem Unternehmen, den „Hannoversche Kassen“ um?
dass sich alle in ihrer Ganzheitlichkeit zeigen können
S. Stremlau: Wir haben vor einigen Jahren Zukunftstage gemacht, sind rausgegangen zu einer integrativen Einrichtung, um dort noch mehr miteinander ins Gespräch zu kommen. Mithilfe einer externer Moderation von zwei jungen Studierenden haben wir viele Frage bewegt: Wo hakt es bei uns, wo gibt es Verbesserungsmöglichkeiten in der Kommunikation und bei Entscheidungsprozessen, wie können die einzelnen Mitarbeitenden mehr eingebunden werden etc.? Da wurde deutlich, dass wir ein anderes Miteinander immer wieder üben müssen, weg vom Hierarchischen und Abteilungsdenken hin zu mehr Teilhabe der einzelnen Mitarbeitenden. Danach haben sich viele Arbeitsgruppen gebildet, und wir haben uns mit „Reinventing Organizations“ von Frederic Laloux auseinandergesetzt, der sagt, dass wir mehr von unten, also bottom up, statt top down arbeiten müssen. Wir brauchen mehr Teilhabe der Mitarbeitenden, dass sich alle in ihrer Ganzheitlichkeit zeigen können mit dem, was sie auch privat ausmacht, wofür sie einstehen – vielleicht ist jemand ein künstlerischer Mensch, ist ihm / ihr Gedichte wichtig, diskutiert er gerne.
Man muss dafür einen sicheren Raum schaffen
C. P.: Wie machen Sie das, dass sich die Mitarbeiter:innen mehr privat zeigen dürfen?
S. Stremlau: Ein kleines Beispiel: Wir haben eine Morgenrunde, wie sie es auch in anderen anthroposophischen Einrichtungen gibt. Als ich zu den HK kam, war das eine steife Angelegenheit. Man hat sich im Kreis aufgestellt, der Vorstand hat mitgeteilt, welche Termine er hat und dann wurde der Spruch aus Rudolf Steiners Seelenkalender vorgelesen. Als gefragt wurde, ob es noch etwas anderes gibt, herrschte Schweigen. Bei unserem Zukunftstag gab es dann eine Arbeitsgruppe, die diese Morgenrunde neu gestaltet hat. Jetzt ist es so: Es wird ausgelost, welche zwei Mitarbeitenden die Morgenrunde eine Woche lang gestalten, manchmal wird der Seelenkalender vorgelesen, aber es kommen auch Gedichte, Witze, Rätsel, die Frage, was das Schönste an unserem Wochenende war, worauf wir uns ganz besonders freuen, was uns wundert, was wir an unseren Kollegen schätzen. Die Runden werden total vielfältig. Es ist ein wunderbares Beispiel für das Prinzip Ganzheitlichkeit: Der Mensch soll sich im Betrieb mit all seinen Facetten zeigen. Man muss dafür aber einen sicheren Raum schaffen: dass man nicht ausgelacht wird, der Chef nicht die Augenbrauen hochzieht oder ähnliches.
C. P.: Wäre das auch ein Beispiel, wie man konstruktiv mit der VUCA-Welt umgeht?
S. Stremlau: Ja, Unternehmen, Organisationen, Schulen, Kindergärten etc. sind stark gefordert, solche sicheren Räume zu schaffen, weil der Arbeitsplatz manchmal noch der einzige Ort ist, wo sich Menschen begegnen, die unterschiedliche Ansichten haben, und wo sie auch al miteinander streiten können. Oft bewegen wir uns in einer „Blase“, auch ein soziologischer Begriff, d. h. wir umgeben uns nur noch mit Menschen, die das Gleiche denken, und wir lesen nur noch die Nachrichten, die das eigene Weltbild bedienen. Am Arbeitsplatz kommen Menschen zusammen, die unterschiedliche „Blasen“ haben. Da einen Ort zu schaffen, wo man miteinander ins Gespräch kommt, sich zuhört, wo auch Reibung entsteht, wo man den anderen mit seiner Meinung auch stehen lassen kann, das finde ich eine riesige Herausforderung, gerade auch in Corona-Zeiten.
C. P.: Das ist wunderbar, dass Sie in Ihrem Unternehmen das anstreben und praktizieren ….
S. Stremlau: Das klappt nicht immer und ist keine einfache Sache, es ist tägliches Üben. Wir haben gerade einen Jahresauftaktworkshop gehabt und im Vorfeld eine Mitarbeiterumfrage gemacht, bei der es weiter darum geht, wo wir besser werden müssen, wo es noch hakt, wie wir besser auf Kritik eingehen etc. Gerade wenn jetzt viele im Homeoffice arbeiten, verliert man mitunter den Kontakt und muss wieder neu aufeinander zugehen. Dieser Prozess ist nie abgeschlossen und ist anstrengend.
wir sind alle auf gegenseitiges Feedback und Lernen angewiesen
C. P.: Ich kenne selbst auch, dass eine Gemeinschaft große Ideale hat, diese sogar weitgehend umsetzt, aber es gibt doch immer wieder Einzelne, mit denen das nicht praktizierbar ist. Wie gehen Sie mit so etwas um?
S. Stremlau: Ja, es gibt immer ein bis zwei Personen, wo die Sichtweisen eingefahren sind und wenig geistige Beweglichkeit da ist; manchmal ist es eine nicht-empathische Weise, in der sich jemand in Unternehmensdiskussionen äußert. Da sind wir alle auf gegenseitiges Feedback und Lernen angewiesen. Es ist immer wieder eine Herausforderung an das Miteinander, an den Umgangston. Mir ist es in der Führung besonders wichtig, jeden in seiner Unterschiedlichkeit zu akzeptieren, nach dem Motto: „Ich bin o.k., du bist o.k., ich höre dir zu und du hörst mir zu. Ich muss nicht deiner Meinung sein, aber akzeptiere dich und gehe davon aus, dass du dir Gedanken gemacht hast.“ Diese Haltung versuchen wir vorzuleben und umzusetzen. Das gelingt natürlich mal besser und mal weniger gut.
C. P.: Wenn man an solche Widerstände stößt, bedarf es auch eines besonderen Ringens mit sich selbst: Zeigt man seine Wut, Enttäuschung, übt man sich noch weiter in Geduld, sucht man, ob man auf einer anderen Ebene nicht die gleichen Muster wie das Gegenüber hat … Wie gehen Sie persönlich damit um?
S. Stremlau: Es braucht immer eine Selbstreflektion: Warum verwirrt mich das jetzt? Warum gehe ich gerade in dieser Situation hoch? Was provoziert der andere mit seinen Äußerungen bei mir? Wenn man tiefer forscht, merkt man beispielsweise: Ah, da ist eine Übertragung oder ich mache das auf eine andere Weise ähnlich. Es ist dann eine innere Größe, auf den anderen zuzugehen und zu sagen: „Du hast mich da ganz schön provoziert, ich bin da auch hochgegangen, aber ich habe nochmal darüber nachgedacht …“ Dann kommt man oft in gute Gespräche. Nach dem Motto „Ich zeige meine Wunde“, ich mache mich verletzlich und bin aber bereit, auf einer Metaebene darüber nachzudenken und dann weiterzugehen. Daraus entwickeln sich gute Gespräche, auf die man aufbauen kann, sowohl im privaten als auch im beruflichen Kontext.
C. P.: Haben Sie Anregungen, wie sich diese Prozesse auf eine persönliche Ebene übertragen lassen?
Resilienz, Dialog, Selbstführung
S. Stremlau: Wenn man dieser VUCA-Welt gegenüber steht, entsteht bei Manchen das Gefühl der Lähmung und Überforderung, und es kommt ein Rückzug ins Private, manchmal in Verschwörungstheorien oder Krankheiten. Insofern ist es wichtig, sich klar zu machen, wie man damit umgehen kann. Für mich gibt es drei Elemente: Das eine ist Resilienz – ein schillernder Begriff. (Resilienz kann man als Flexibilitäts-Kompetenz beschreiben, welche Widerstandsfähigkeit und Zentrierungsfähigkeit umfasst. Anm. d. Red.) Was brauche ich, was stärkt mich, was tut mir gut? Das kann der Spaziergang im Wald sein, ein gutes Gespräch mit der besten Freundin, eine Tasse Tee, vielleicht abends mal keine Nachrichten schauen, sondern ein gutes Buch lesen, was mich wieder „zurückholt“, die einen machen Yoga, die anderen Sport etc. Die Frage ist, was man selbst braucht, um resilient zu werden.
Der zweite Punkt ist der Dialog. Wir können nur im wirklichen Dialog, im wirklichen sich Einlassen auf ein Gespräch und Zuhören weiterkommen. Das betrifft den Freundes- und Familienkreis und den beruflichen Kontext. Im wirklichen Zuhören und nicht nur Senden kann etliches aus dem Weg geschafft werden.
Der dritte Punkt ist die Selbstführung. Man muss sich selbst auch immer wieder aus dem Alltag rausziehen, reflektieren, sich auf einer Meta-Ebene betrachten und selber auch das leben, worüber man redet. Wenn ich mich selbst beobachte und organisiere, kann ich auch andere führen, ein gutes Vorbild sein, mit anderen in einen Austausch gehen.
C. P.: Das sind wunderbare Elemente, die im Prinzip Rudolf Steiner auch für den Schulungsweg beschreibt. Er schreibt beispielsweise in „Wie erlangt man Erkenntnisse höherer Welten“, dass man immer wieder Zeiten haben muss, in denen man sich aus dem Alltag herauszieht, besinnt, wie von oben betrachtet.
S. Stremlau: Deshalb arbeite ich auch sehr gerne bei den Hannoverschen Kassen. Ich komme aus der Soziologie und Themen der Nachhaltigkeit, aber vom Wertebild ist vieles ähnlich. Was der Mensch braucht, was gut und heilsam ist – da gibt es eine hohe Deckungsgleichheit.