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Kunst – zwischen Vergangenheit und zeitgenössischem Schaffen
Interview mit Jörg Länger, bildender Künstler
Wie geht ein Künstler damit um, dass heutzutage in der Kunst schon so vieles existiert und er nicht alles neu erschaffen kann? Wie positioniert er sich in den Strömungen der heutigen Zeit? Schon immer waren Künstler Repräsentanten oder gar Vorläufer ihrer Epoche – inwiefern steht eine Aufgabe oder Verantwortung dahinter? Gerade am Ende dieses Jahres stellen sich in Anbetracht der politischen und sozialen Lage solche Fragen mit großer Dringlichkeit.
Der Hamburger Maler Jörg Länger bezieht im Gespräch mit einer Kunstinteressierten Stellung zu diesen Themen, bis hin zu spirituellen Aspekten und Weihnachtsmotiven.
Jörg Länger: 1964 in Berlin geboren. Studium der Geistes- und Religionswissenschaften an der Freien Universität Berlin. Kunststudium an der Freien Kunststudienstätte Ottersberg. Lebt und arbeitet in Hamburg.
Christine Pflug: In den meisten deiner Bilder fallen mir Figuren auf, die als Schattenrisse hineingedruckt zu sein scheinen. Was sind das für Figuren?
Jörg Länger: Es sind in der Tat Drucke, Linoldrucke! Ich habe mir ein umfassendes Archiv von Figuren geschaffen – „Protagonisten“ nenne ich sie –, in dem ich Abbildungen von Artefakten aus der Kulturgeschichte vom Paläolithikum bis in unsere Gegenwart in Linolschnitte umgesetzt habe. So sind z. B. die Drei Hl. Könige, die auf S. 10 abgebildet sind, dem St. Albans-Psalter entnommen, der sich in der Dombibliothek in Hildesheim befindet. Die Figuren haben im Original natürlich eine Binnenzeichnung, z. B. ein Gesicht, Kleidung, etc. – ich reduziere sie aber auf den Umriss – mich interessiert, welche Aussage die Umrissform hat. Sie nimmt jedenfalls den Figuren ihre Eindeutigkeit. Zum Beispiel hatte jemand einmal einen Engel der Verkündigung von da Vinci für eine Hexe auf einem Besen gehalten. Vergleicht man Silhouetten und Originale, sieht man, dass manche Schattenrisse in ihrer Aussage den Originalen sehr ähneln, andere dagegen als etwas gänzlich Verschiedenes erscheinen.
Christine Pflug: Wie bist du darauf gekommen?
JL: Ach, ich ging damals – das war 1999 – durch eine tiefe künstlerische Krise, ich wusste nicht mehr, was ich noch tun konnte, nachdem ich angefangen hatte, mir Kunstgeschichte zu eigen zu machen: Die Fülle der schon gemalten Bilder lähmte meine Hand. Bis plötzlich eine Kindheitserinnerung hochkam: Als kleiner Junge vergnügte ich mich damit, auf dem Papier Strichmännchen-Ritter miteinander kämpfen zu lassen. Da war doch etwas, was ich seit Kindertagen schon konnte; ich hatte den Impuls, das wieder aufzugreifen. Anfang des neuen Jahrtausends ließ ich linolgedruckte Kämpfer in meinen „Schlachtenbildern“ aufeinander treffen und große Schlachten schlagen. Und dann stieß ich eines Tages in einem Buch auf das Gemälde „Schlacht an der Milvischen Brücke“, das Raffael entworfen, aber sein Schüler Giulio Romano ausgeführt hatte und staunte über die Fülle von hervorragend gearbeiteten Streitern in ihrer Formen-Vielfalt. Ich hatte die Idee, dass mir damit etwas geschenkt war, an das ich anknüpfen konnte und wollte, und transponierte nun von anderen Künstlern bereits geschaffene Figuren, die mich ästhetisch interessierten, in einen Linoleum-Druckstock. So konnte ich in meinen neuen Arbeiten Hinweise auf die Errungenschaften der kunstgeschichtlichen Vergangenheit geben und in meinen Bildern zeitgenössisch sein. Gewissermaßen bekommen die Figuren als meine Protagonisten ein neues Leben ermöglicht, sie befinden sich nicht mehr lediglich in ihrem Original, das vielleicht im Museum hängt, sondern können in gegenwärtigen Bildern neue Taten vollbringen. So sind meine Bilder, die in dieser Weise geschichtsbezogen sind, ein bewusstes Sichhineinstellen in den Strom des Kunstschaffens, eine Hommage an den jeweiligen Künstler, der das Original der Figuren geschaffen hat und eine Auseinandersetzung mit den Prozessen der Gegenwartskunst und zeitgenössischen Ästhetik.
Leerstellen
Christine Pflug: Was mir Rätsel aufgibt, sind die „Leerstellen“ in deinen Bildern, nicht bearbeitete Flächen – so, als ob die Bilder nicht fertig wären!
JL: Die Protagonisten in meinen Bildern evozieren Geschichten, doch die Bilder werden nicht als Narration gemalt, sie werden komponiert, Farbe, Form, Linie, Struktur, Material und so fort ergeben ein Geflecht von korrelierenden Bezügen. Die Komposition bekommt durch die Figuren etwas Menschlich-Narratives, aber es ist so, dass die Geschichten durch die Malerei erst entstehen und nicht umgekehrt: Die Malerei dient nicht dazu, Geschichten zu erzählen! Ich berufe mich da auf die Ästhetik Rudolf Steiners, wie er sie in „Goethe als Vater einer neuen Ästhetik“ entworfen hat.
Und, du hast recht, in meinen Bildern bleiben oft Leerfelder, Freiflächen, unbearbeitete Stellen. Die Elemente, die ich setze, müssen diese Freifelder überbrücken, um kommunizieren zu können – und das geschieht im Betrachter. In seinem Geiste stellt er Verbindungen her, die von mir angelegt wurden durch formale Korrespondenzen. Dazu braucht es natürlich einen Betrachter, der sich auf eine Anstrengung einlassen kann und will und auch die notwendige Muße dafür aufbringt. Ein innerlich reicher, lebendiger Mensch, der wach und interessiert seiner Umwelt begegnet und sich vielleicht dazu tiefsinnige Gedanken bildet, wird an einem Bild wesentlich mehr erleben als ein einfältiger, verstockter Kleingeist. Ein Kunstwerk kann sein Potential nicht entfalten, wenn jemand davor steht, der nervös und gedankenzerfetzt neue Whatsapps erwartet.
Also herausfordern sollen die Freiflächen den Betrachter – ihn anregen zu eigner schöpferischer Tätigkeit. Auch die Geschichten erfindet er selbst. Fertig werden die Bilder erst durch den Betrachter.
Die Rolle des Betrachters
Christine Pflug: Das klingt ja so, als ob der Betrachter ein konstitutiver Faktor deiner Kunst wäre?
JL: In einem gewissen Sinne ist das tatsächlich so. Die Kunst lebt heute in dem „Dazwischen“ – zwischen Künstler, Bild und Betrachter, also in der Kommunikation!
Auch Rudolf Steiner spricht ja vom ersten Goetheanum als einer Leerform – er spricht von einem „Napfkuchentopf“ – das nur das eigentliche Kunstwerk anregt, das in den Seelen der Menschen entsteht.
Und Samuel Beckett schrieb in den 30-er Jahren, dass ein Bild, verlässt es das Atelier des Künstlers, tot sei und von dem Betrachter wiederbelebt werden müsse.
Christine Pflug: Wie könnte ich vorgehen, um mir ein Bild zu erschließen?
JL: Nehmen wir einmal dieses Bild, dessen Titel ich dir jetzt noch nicht nennen will. Mir wäre wichtig, dass du es erst mal als Ganzes auf dich wirken lässt und weder deinen ersten Gefühlseindruck („gefällt mir, gefällt mir nicht“) artikulierst, noch sogleich nach dem dargestellten Inhalt fragst, sondern dich selbst zurücknimmst und auf die Wahrnehmung des Objektiven beschränkst. Da wären zunächst die materielle Beschaffenheit und das Format zu erfassen …
Christine Pflug: Da sehe ich als Erstes, dass es nicht einfach ein Bild auf dünnem Papier ist, sondern zwischen zwei Glasscheiben verklebt ist.
JL: Richtig, das gehört zum Exponat dazu, und es gehört auch dazu, dass das Papier so behandelt ist, dass es transparent ist, so dass das Bild anders zur Wirkung kommt, wenn es im Durchlicht angeschaut wird.
Christine Pflug: Das Format des Bildes ist quadratisch …
JL: … ja, es hat also weder eine senkrechte, noch eine waagerechte Ausrichtung.
Schauen wir als Nächstes kurz auf die Komposition.
Christine Pflug: Die Farbverteilung ist so, dass sich eine Art Symmetrie zeigt … Eine schattenhafte äußere Farbe umrahmt so etwas wie eine Schalenform … die ist gelb, nach innen heller werdend. Im Zentrum befindet sich etwas, das einer Dreiecksform angenähert ist, etwas Figürliches, in einem durchlässigen Blau, eine sitzende menschliche Figur, und wenn wir genau hinschauen, sehen wir darüber mehrere helle Flecke, davon ragt einer zum Teil in den hellen, zum Teil in den dunklen Bereich: eine weitere menschliche Figur, die über der ersten zu schweben scheint. Die zentrale Gestalt ist … Maria mit dem Kind!?
Jl: Gut, dass du das so sagst, denn wir könnten natürlich mit der objektiven Beschreibung fortfahren, aber das würde den Rahmen sprengen. Du hast durch deinen Ausruf den Weg zum subjektiven Teil der Betrachtung abgekürzt: Die dreieckige Figur identifizierst du sofort aus deinem Bildungs- und Wissenshintergrund als sitzende Maria, die das Kind auf dem Schoß hält, oder du hast auf das Titelkärtchen geschielt, da kannst du ja auch lesen, dass es sich bei den Protagonisten um die Maria mit dem Kind aus dem Isenheimer Altar und die Christusfigur einer Grablegung von Fra Angelico handelt. So sollte es im Idealfall auch sein, eben nicht gleich am Anfang, sondern auf einer späteren Stufe das Titelkärtchen zu lesen. Jetzt wirst du als Nächstes wohl die schwebende Figur als Christusgestalt erkennen. Damit kann nun deine individuelle Verlebendigung des Bildes beginnen. Du kannst dich zum Beispiel fragen, welche Beziehung zwischen den beiden Figuren besteht: Sinkt die Christusgestalt? Steigt sie? Die Farbgebung der beiden Gestalten fordert dazu heraus, sich nach deren Realitätsebene zu erkundigen: Sind sie beide physisch gemeint, oder ist vielleicht die Christusgestalt eine Imagination der Maria? Was dann dazu führen kann, dass du dich mit der Beziehung zwischen Krippe und Kreuz beschäftigst. Und so siehst du Dich am Ende – das erhoffe ich mir jedenfalls – Dir selbst gegenüber und fragst: Was erlebe ich an diesem Bild, was kann es mir bedeuten?
Erklärungen verhindern eigentlich den Prozess
Christine Pflug: Schauen wir uns einmal das Bild mit den Hl. Drei Königen an! Kannst du es mir erklären?
JL: Ungern! Erklärungen verhindern eigentlich den Prozess, den wir gerade an dem anderen Bild versucht haben; aber wir können ja trotzdem ein paar Hinweise zu einer Deutung, hier nicht Sternen-, sondern Bilddeutung geben:
Zwei der Könige zeigen nach oben – wir wissen, sie zeigen auf den Stern, der sie führt. Nun sieht man aber, dass das Blau ihrer Gestalten mit goldenen Tupfern besprenkelt ist. Ein Betrachter kann sich jetzt sagen, dass die Weisheit der Sterne in ihnen lebt. Ein anderer Betrachter könnte dagegenhalten: Sie zeigen nach oben, weil sie noch nicht wissen, dass sie die Sterne bereits in sich tragen. Das Bild lässt zu, ja, fordert geradezu heraus, dass unterschiedliche Betrachter unterschiedliche Gedanken daran entwickeln, d. h. es sich auf individuelle Weise zu eigen machen und es dadurch in sich verlebendigen, so dass es weiter wirken kann.
Ich möchte sogar so weit gehen, dass das möglich ist, ohne dass der Betrachter die Erzählung aus dem Matthäus-Evangelium kennt, wovon man ja heute bei vielen, vor allem jungen Menschen ausgehen muss. Dadurch fehlen dann zunächst gewisse Ebenen, und doch kann man auch ohne das Wissen zu tiefem Erleben kommen!
Christine Pflug: Du machst also absichtlich keine eindeutigen Aussagen?
JL: Genau, der Betrachter muss keine allgemein gültigen Antworten finden. Schon indem er Fragen stellt, lebt er in dem Bild. Es geht mir darum, ihm den Weg vom Konsumenten zum Mitgestalter zu ebnen, so dass er tatsächlich das Künstlerische in sich finden und üben kann. Leider sieht man im Museum die Betrachter immer mit dem Audioguide vor den Bilder stehen, sie bekommen dann eben das Bild erklärt. Nichts gegen zusätzliche Informationen der Kunsthistoriker, aber zuerst, das ist mein Rat, einfach und unbefangen auf das Bild schauen und dann in sich selbst und die Verbindung erleben.
Das kann das eigene kreative Vermögen und die eigenen Phantasiekräfte stärken, wobei ich das Vertrauen habe, dass die Kunst hilft, die moralische und soziale Phantasie zu stärken, die die Welt verändern kann.
Christine Pflug: Ich habe auf deiner Website die Vielfalt deiner Werkgruppen bestaunt.
JL: Ja, das höre ich gern! In unserer „Multi-Tasking“-Zeit ist ein Agieren auf unterschiedlichsten Gebieten gefordert. Ich glaube, das ist – bei aller Problematik im Allgemeinen – eine große Möglichkeit, die ein zeitgenössischer Künstler ergreifen kann. Jedenfalls erlebe ich das für mein Schaffen so, dass ich nicht nur eine Handschrift wie ein Markenzeichen führen muss, sondern mich in vielen Handschriften ausdrücken, mit einem multiplen Potential an formalen Ausdrucksmöglichkeiten mein Anliegen gestalten kann. Und das Erstaunliche ist: Ich kann in dieser Vielfalt die Treue zu mir selbst finden. Allerdings gibt es auch noch die konzeptuelle Klammer meiner Protagonisten, die doch den Länger in meiner pluralen Formsprache erkennen lässt.
Christine Pflug: Was ist Dir in Deiner Malerei ein Anliegen? Wie findest du deine Themen?
JL: Mir geht es in meiner Arbeitsweise um Forschung, Erkenntnis und Wirklichkeit. Nicht um einen Realismus, den ich „Augenrealismus“ nenne und der, sehr grob gesagt, von der Renaissance bis zum Ende des 19. Jh. gemalt wurde und auch jetzt in Form eines Photorealismus wieder en vogue ist. Mir liegt am Herzen, was ich Seelen- und Geistesrealimus nenne. Deshalb bin ich „anfällig“ für Themen, die schon als solche in diese Gebiete führen. Ich habe Studien zu höchst unterschiedlichen Bereichen gemalt, zum Beispiel zur Alchemie, zu Wolfram von Eschenbachs Parzival und Richard Wagners Parsifal, zur Musik Gustav Mahlers, zum antiken Eros-Begriff, zu christlichen Motiven, wie wir hier sehen, – wobei ich unterstreichen möchte, dass ich kein Kirchen- oder religiöser Maler bin – und, was ich nicht vergessen möchte, ich habe mir manches humorvolle Stückchen geleistet, zum Beispiel die Socky Mountains oder meinen Curry-George! Wichtig ist mir für mein Schaffen, dass das Metaphysische, das Geistige sich in profanen, vielleicht sogar trivialen Themen enthüllen kann.
Christine Pflug: Und wie entsteht dann daraus ein Bild?
JL: Das kann ich nur so beschreiben: Ich arbeite mit Bildern, die ich gesehen habe und die mich berührten, mit Bildern, die mir die nächtlichen Träume schenkten und solchen, die sich im Geiste bildeten. Ich lausche in die Schichten meines Unbewusstseins, fange aufsteigende Impulse ab und integriere sie in mein Schaffen. In gleicher Weise achte ich auf Impulse, die das Leben an mich heranträgt: durch Menschenbegegnungen, Situationen, Ereignisse.
Dann liegt vor mir, auf meinem Arbeitstisch, ein frisch aufgespanntes Papier. Ich schaue auf das Papier und fange ein wortloses Gespräch an, frage das Papier, was es empfangen will, biete meine Bildabsichten an, aber wie sich die Formen und Farben dann genau einstellen werden, das „bespreche“ ich mit meinem Gegenüber. Bald ist es kein Dialog mehr, sondern ein komplexes, zu einer Einheit verschmolzenes Gesprächs-Verhältnis. Ich habe mich losgelassen, der Verstand schweigt, trotzdem bin ich sehr konzentriert und sehr bewusst. Ich merke, wie sich in mir Taten, Handlungen bilden, aus Tiefgelegenem aufsteigen und Höherem sich heruntersenken. Ich weiß genau, was zu tun ist, und ich tue es auch. Ja, so etwa möchte ich es in der Kürze beschreiben! Es ist in der Realität ein höchst komplexer Vorgang!
Christine Pflug: Du arbeitest nicht nur mit Protagonisten?
JL: In der letzten Zeit sind auch „Längergonisten“ entstanden, Figuren, die nicht mehr Übertragungen aus der Kunstgeschichte sind. Vielleicht kann ich sagen, dass nach ungefähr 12, 13, 14 Jahren, in denen ich den kollegengenerierten Figuren meine Aufwartung gemacht habe, nun auch die eigenen Figuren reif genug sind, um gemalt zu werden.
Gerade in den letzten Monaten sind meine „Primagonisten“ entstanden. Benutzt werden hier nur die ersten Materialien, die beim Malen gebraucht werden: die Grundierungen! Die Leinwand wird farblos grundiert, das Porträt male ich ausschliesslich mit Gesso, einer weißen Halbkreide-Grundierung. Der Name „Primagonisten“ spielt auch auf die Alla-Prima-Technik an. Mein Verfahren hat mir ihr gemeinsam, dass es sich ja hier auch um eine erste Setzung handelt, die nur in einem geringen Maß korrigiert werden kann. Die Gesichter dieser Serie sind also mit minimalen, einfachen Mitteln im Dialog mit den leergebliebenen Leinwandflächen entstanden.
Christine Pflug: Gibt es da einen Zusammenhang mit der Zeitsituation?
JL: Durchaus ist von mir ein Zusammenhang gedacht!
Man kann seit einiger Zeit Tendenzen in der Weltpolitik beobachten, die nicht aussehen, als ob sie eine gesunde Weiterentwickelung der Menschheit auf dem Planeten Erde fördern. Zur Zeit eskaliert einiges: Ereignisse überschlagen sich, ständig löst eine Katastrophe die vorhergehende ab. Jedoch nirgends, oder zumindest äußerst selten, wird die Frage nach den Ursachen gestellt, geschweige denn nach einem Aufdecken der Hintergründe. Dabei wird ständig von Transparenz geredet! Die Medien berichten, doch weiß man, ob das die Wahrheit ist? Texte, Fotos, Filme waren schon immer manipulierbar. Und so gut wie nie sprechen sie über ihre Hintergründe. Schon Rudolf Steiner geht auf die Macht der Medien ein, spricht über eine von der Publizistik generierte, die ganze Erde umspannende Aura des Unwahrhaftigen.
Meine Gesichter haben einen starken Ausdruck, obwohl sie nicht richtig da sind, im Werden und Vergehen sich befinden, nicht ganz zu fassen. Wie im Hintergrund. Oder im Untergrund (sind ja mit Untergründen, nämlich Grundierungen gemalt). Arbeitstitel: „Porträts einiger gegenwärtiger Entitäten im Hintergrunde.“
Man kann Böses bannen, wenn man es in ein Bild setzt, als ein herausgesetztes Gegenüber betrachtet und benennt, so lautet eine alte archaisch-magische Weisheit. Francis Bacon hat Porträts gemalt, die das Abgründige zeigen. Dadurch, dass ich sie in seiner Malerei ästhetisiert außer mir sehen kann, ist es mir möglich, eigene Abgründe zu überwinden. Meine Porträts von den im Hintergrunde Wirkenden sind sehr reduziert gemalt, einfach und klar, nichts ist verdeckt, versteckt. Nichts ist dahinter außer sichtbarer Leinwand. Diese Bilder lügen nicht.
Mit der Ehrlichkeit meiner „Primagonisten“ stelle ich mich in und gegen die Zeitsituation: Ich versuche, das sichtbar zu machen, was hinter den schreck- und angsterzeugenden Erscheinungen unserer Weltenzeit liegt. Ich versuche, auf die Wirklichkeit hinter der Bilder- und Informationsflut, hinter der äußeren Realität hinzudeuten: Seht auf die Geister, die im Hintergrund wirken!