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„Nach den Kriegen – vor dem Frieden“
Rupert Neudeck in Hamburger Rudolf Steiner Schulen
Wer hat nicht schon von ihm gehört – von Rupert Neudeck und von dem Schiff Cap Anamur, mit dem er vor mehr als 25 Jahren die vietnamesischen Flüchtlinge rettete? Immer wieder berichtete Rupert Neudeck als Journalist aus den schlimmsten Krisengebieten dieser Welt. 2003 gründete er die GRÜNHELME e.V.: Junge Menschen gehen in Länder der dritten Welt, „da, wo die Arbeit getan wird“.
Ende September hatte der Nienstedter Waldorflehrer Dominique Zeylmans van Emmichoven Herrn Neudeck eingeladen für die Schüler in die Rudolf Steiner Schulen nach Nienstedten und Altona sowie für das öffentliche Publikum zu einem Abendvortrag. „Mut“, so Herr Zeylmans, „das ist es, was die Schüler von Herrn Neudeck lernen können.“ Sein unermüdlicher Tatendrang, sein Humor und sein unkonventionelles Handeln überzeugte die Schüler und auch Erwachsene.
Nach seinem Abitur 1958 studierte Rupert Neudeck Philosophie, Germanistik, Soziologie und Theologie. 1961 brach er das Studium ab und trat dem Jesuitenorden bei. Nach dem Austritt nahm er das Studium wieder auf und schloss es 1970 ab. 1972 promovierte er über „Politische Ethik bei Jean-Paul Sartre und Albert Camus“ zum Doktor der Philosophie.
1971 begann er als Journalist bei der katholischen Funk-Korrespondenz in Köln, 1976 wechselte er dann in den Freien Journalismus. 1977 wurde er Redakteur beim Deutschlandfunk, Abteilung Politisches Feature.
Anlässlich der großen Not vietnamesischer Flüchtlinge im Südchinesischen Meer gründete er mit Unterstützung des Schriftstellers Heinrich Böll 1979 das Komitee „Ein Schiff für Vietnam“. 1982 wurde daraus die Hilfsorganisation Komitee Cap Anamur/Deutsche Notärzte e. V. Namensgeber war der Frachter Cap Anamur, mit dem die Besatzung um Rupert Neudeck insgesamt 10.375 vietnamesische Flüchtlinge (die sogenannten „boat people“) aufnahm und nach Deutschland brachte. Es folgten zahlreiche weitere Hilfseinsätze mit der Cap Anamur.
Bis 1998 war er im Vorstand des Komitees Cap Anamur, danach wurde er Sprecher der Hilfsorganisation. Im April 2003 wurde er zum Mitbegründer und Vorsitzenden des internationalen Friedenskorps Grünhelme e.V.
Voller Witz, Humor und Lebendigkeit sind die Geschichten, die Herr Neudeck den Zuhörern erzählte. Und er hat viele solche Geschichten, die er alle erlebt hat während seines unermüdlichen Einsatzes für die „Habenichtse“ und „Schmuddelkinder“ dieser Welt, wie er sie liebevoll nennt.
Seinen Vortrag in der Steiner Schule Nienstedten begann er mit einem Erlebnis in Hamburg, was er unmittelbar am Ende seiner Aktion mit der Cap Anamur hatte.
Mit der Cap Anamur nach Hamburg
„Als wir mit dem Schiff Cap Anamur 1982 gezwungen wurden, nach drei Jahren nach Hamburg zurückzufahren mit 344 vietnamesischen Bootsflüchtlingen an Bord, geschah etwas, was in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland einmalig ist. Es begann damit, dass wir an Brunsbüttel vorbeifuhren und die Schifffahrtssirenen zu tuten anfingen. Es kamen uns auf der Elbe Boote entgegen, die alle einen fürchterlichen Lärm machten – Freudenlärm. Ein Schiff mit einer Schulklasse fuhr uns auf der Elbe zur Begrüßung entgegen. Am Landungskai empfingen uns Menschenmassen, die nicht überschaubar waren. Keiner vom Hamburger Senat oder der Landesregierung hatte damit gerechnet. Wieder war etwas möglich geworden, was keiner geglaubt hätte, was aber in einer freien Gesellschaft machbar ist.“
Die freie Gesellschaft, die Herr Neudeck im Vergleich zu vielen anderen Staaten hier in Deutschland schätzen gelernt hat, ist aber nur die Grundlage für seine Initiativen. Es brauchte noch viel Beharrungsvermögen, damit er seine Ziele in die Tat umzusetzen konnte, und vor allem Pfiffigkeit, um bürokratische Verordnungen elegant zu umgehen.
„Diesen Gedanken möchte ich als erstes mit Ihnen teilen: Hunderte Millionen Menschen würden gerne diese Bedingung haben, dass sie in einer freien Gesellschaft leben können, in der man Dinge machen kann, die sie noch nicht mal in der Schule erfahren haben. Dinge, mit denen man sich sogar gegen die eigene Regierung durchsetzt. Diese freie Gesellschaft ist ein Geschenk, weil nicht nur der Staat bestimmt, sondern weil die Menschen aus eigener Kraft etwas unternehmen können. Man muss allerdings dabei sehr stur sein!
„Herr Neudeck, retten Sie nicht so viele, das gibt Ärger!“
Das war 1979 die Erfahrung, weil man nicht mit Regierungsgeldern im chinesischen Meer Menschen retten und sie dann nach Deutschland bringen kann. Das kann man mit keiner Regierung tun, denn Regierungen mögen nicht, dass man ganz viele Menschen rettet. Als ich zum ersten Mal im Auswärtigen Amt war und den Staatsminister traf, um ihm zu erzählen, was wir mit unserem Schiff denn nun vorhätten, war das etwas, was es bisher in der Geschichte der christlichen Seeschifffahrt noch nie gegeben hatte. Schiffe haben immer ein kommerzielles Ziel, und wir wollten auf dem Meer „rumfahren“, um diese Menschen zu suchen, zu retten und möglichst an ein zu Ufer bringen. Der Staatsminister schaute mich durchdringend an und sagte: „Herr Neudeck, retten sie nicht so viele. Das gibt Ärger!“
Der Mann meinte das überhaupt nicht zynisch, sondern ganz realistisch. Ich erinnere mich noch an die Zeit, damals war in Italien ein Kind in den Brunnen gefallen. Das erregte ganz Italien. Selbst der Staatspräsident kam dazu. Wenn es um die Rettung eines Menschen geht, ist das eine heroische Geschichte, wie man es auch von der deutschen Lebensrettungsgesellschaft kennt, aber wenn es um tausende oder sogar zehntausende geht, wird die Sache schon anders.
Trotzdem haben wir das damals machen können, weil es in einer freien Gesellschaft geschah. Oft haben mich junge Leute von der Türkei bis nach Vietnam, von Kambodscha bis nach Angola gefragt, ob wir denn unsere Regierung um Erlaubnis gefragt hätten. Ich haben ihnen aus freier Überzeugung sagen können, dass wir sie gar nicht fragen mussten. Eine Bürgerinitiative, die auch das Geld für solch ein teures Unternehmen zusammenbringt, ist in der Lage, das frei zu machen.
Wenn man sich so ein Unternehmen vornimmt, braucht man wichtige Tugenden, die in der Schule nicht gelehrt werden. Man muss Lust an der List haben! Man darf sich nicht ins Boxhorn jagen lassen, und man muss manchmal etwas tun, was nicht unbedingt die Tarifordnungen des öffentlichen Lebens erfüllt.
Mit den Zuständigen ist es auf dieser Welt schlecht bestellt!
Eine weitere Tugend ist eine ganz andere, als uns die Moderne lehrt. In der Moderne lernt man nachzufragen, wer für ein Problem der Zuständige ist. So wurden wir auch angehalten zu erfragen, wer für Menschen, die im südchinesischen Meer in Seenot sind, zuständig ist. Interessanterweise gibt es sogar einen Zuständigen: das war der UNHCR (United Nation High Comission for Refugees), mit dem Hauptquartier in Genf. Dort hatte ich sogar nachgefragt und eine Antwort erhalten, die jeder von seinen Amtsbesuchen kennt: „Diesen Fall hatten wir noch nicht!“ Im Grunde sagte der Zuständige: das sind unverschämte Flüchtlinge, die passen nicht in unsere Kategorien. Ein anständiger Flüchtling geht bei Nacht über eine Grenze, kann danach befragt und interviewt werden, und man kann für ihn einen Aktenordner anlegen. Flüchtlinge, die einfach rausrennen auf das internationale Meer, sind keine.
Da war für mich klar: Mit den Zuständigen ist es auf dieser Welt schlecht bestellt!
… ohne die Expertise und das Gutachten eines Seerechtsreferenten
Eine weitere Tugend, die man braucht, besteht darin, dass man sich nicht übertrumpfen lassen darf von Sachzwängen und Fachleuten. Das ist mir ganz besonders klar geworden, als ich zum ersten Mal ins Auswärtige Amt ging zu einer großen Sitzung aller zuständigen Ministerien. Man bekommt einen unglaublichen Respekt, wenn man eine solche Menge an geballter Kompetenz und Fachleuten vor sich hat. Als ich zur Tür eintrat, fragte mich jemand: „Herr Neudeck, wer ist eigentlich ihr Seerechtsreferent?“ Das war eine ganz schwierige Frage, weil ich diesem Herrn nicht zu erkennen geben durfte, dass ich dieses Wort zum ersten Mal hörte – dann wäre ich ganz unten durch gewesen. In seiner Vorstellung war eine Bürgerinitiative, die einfach loslegt, um Tausende im südchinesischen Meer zu retten, ohne die Expertise und das Gutachten eines Seerechtsreferenten, ein Unding. Stellen Sie sich vor, wir hätten einen Seerechtsreferenten gehabt—mit einer Festanstellung—, dann hätten wir ein Gutachten bekommen mit vielen klugen und guten Gründen, warum man dieses Unternehmen nicht machen könnte.
Es ist wirklich wichtig, dass in der Gesellschaft Dinge gemacht werden von den Staatsbürgern, mit aller Spontaneität, und dabei müssen keine Sachzwänge oder Fachlichkeiten hineingepackt werden.
Das Tolle an dieser Aktion mit der Cap Anamur ist nicht nur, dass sie gelungen ist und dass sie einen Ruhmestitel in der humanitären Bilanz in der Bundesrepublik Deutschland darstellt, sondern es ist auch die gelungenste Integration einer fremdländischen Bevölkerung, die man in Deutschland je gehabt hat. Alle Stadtdezernenten sagen mir inzwischen: „Wenn das mit allen Bevölkerungsgruppen jemals so gut laufen würde wie mit den Vietnamesen, dann bräuchten wir um nichts mehr besorgt sein.“
Menschen, die aus Afrika nach Europa wollen
Rupert Neudeck ruht sich keineswegs auf den Lorbeeren seiner Vergangenheit aus, sondern hat ein wachsames Auge für neue Brennpunkte, bei denen er globale Zusammenhänge hinweist. Besonders bei Afrika machte er klar, wie wir in Europa für die Situation dort mit-verantwortlich sind und uns auch langfristig nicht vor den Folgen drücken können.
„Die Aktualität ist durch neue Gefahren, Konflikte, Hoffnungen und Zuversichten gekennzeichnet. In den letzten Monaten gab es das große Problem mit den Menschen, die aus Afrika nach Europa wollten. Ich kann Ihnen nicht sagen, dass dieses Problem kleiner werden wird, sondern es wird eher zehnmal so stark. Wir müssen bei diesem Thema wieder einmal ganz hart die Realität einer Welt außerhalb Europas erleben, eine Welt, in der die „Habenichtse“ in einem entsetzlichen Ausmaß von Not, Hunger, Krankheit gebeutelt sind, wie wir das manchmal gar nicht mehr mitbekommen. Die Zahl derer, die mit weniger als einem Dollar am Tag auskommen müssen, ist nicht im Sinken begriffen, sondern am Steigen. Wir haben 2,2 Milliarden Menschen, die nicht genügend für ihre eigene Existenz haben.
In dem Prisma des Hungers und der Mangelernährung bündeln sich nur alle anderen Konflikte, wie beispielsweise kein Kapital, kein Einkommen, keine Schulbildung, keine Krankheitsversorgung. Die Menschen, die sich aus Afrika auf den Weg machen, sind junge Leute, wahrscheinlich die Spitze ihres Landes, und sie sind nicht mehr bereit, ohne Perspektiven in ihren Ländern auszuharren. Die Zahl ist ungenau, aber sie gibt einen Hinweis: Es sind an die 2,5 Millionen Menschen, die in den nordafrikanischen Ländern von Marokko bis Tunesien jetzt wieder angekommen sind. Es sind alles junge Menschen, die mit geballten Fäusten in den Taschen darauf warten, dass sie irgendwo das gelobte Land finden. Die gesamte Zahl derjenigen, die auf dem ganzen Kontinent unterwegs sind, beispielsweise ihr Heil in Südafrika suchen, beläuft sich mittlerweile auf 18 Millionen.
Wir müssen dringend darüber nachdenken, wie wir auf Dauer mit Afrika zurechtkommen.
Selbst wenn unsere Gesellschaft rein humanitär organisiert wäre, könnten wir diesen Zustrom nicht verkraften – das wäre nicht möglich. Deshalb müssen wir dringend darüber nachdenken, wie wir auf Dauer mit Afrika zurechtkommen. Die Politik ist bisher der Meinung, dass es rein um Abwehr geht, um Vermehrung der Patrouillen-Boote vor der Küste West-Afrikas, die Erhöhung der Task-Force im Mittelmeer. Das alles ist ja nicht ganz falsch. Aber wer mit Flüchtlingen zu tun hatte, weiß, dass sie alles in Kauf nehmen, um über die Grenze zu kommen, und dass diese Maßnahmen nicht ausreichen, um diese Völkerwanderung zu stoppen. Im afrikanischen Kontinent selbst muss ein Signal gesetzt werden, denn dort liegt das Problem. Dieses Signal muss so sein, dass die Entwicklungshilfe total anders gemacht wird, denn die bisherigen Maßnahmen sind gescheitert. Wir haben in den letzten 40 Jahren 1.200 Milliarden US-Dollar nach Afrika gegeben, und es hat wahrscheinlich nichts genützt. 85% – 90% der Menschen dort sind kleine Landwirte, und die hat man immer vernachlässigt. Um die geht es aber! Wir haben ihnen sogar Unrecht getan, indem wir die europäische und amerikanische Landwirtschaft subventioniert haben, und das, was diese Bauern auf den Markt bringen können, ist teurer als das, was wir dorthin exportieren. Die riesigen Supermärkte in den afrikanischen Städten haben alle europäischen Landwirtschafts-Produkte, die billiger sind als die einheimischen Erzeugnisse.
Die Menschen sollen dort zu Produzenten ihrer eigenen Lebensmittel werden
Das ist ein Zusammenhang, der sich auf Dauer so nicht halten lassen wird. Wir müssen darauf achten, dass dort Menschen zu Produzenten ihrer eigenen Lebensmittel werden. Dazu müssen wir beherzigen, was wir immer predigen und woran wir uns aber nicht halten: freie Marktwirtschaft und freier Handel – nicht Protektionismus.“
2003 gründete Rupert Neudeck die GRÜNHELME e.V., er wollte damit die „radikale Idee des Peace Corps wieder aufleben lassen“. In der Satzung steht zu lesen: „Wir wollen den Dialog zwischen den Kulturen und Religionen durch praktische Arbeit durchführen. Dörfer, Schulen, Ambulanzen in zerstörten Regionen gemeinsam mit den Einheimischen aufbauen. Wir wollen junge Bauarbeiter, Handwerker, Mediziner solidarisch in dieser Arbeit verbinden. Über alle Grenzen, Hautfarben, Religionen, Gebetbücher und Ideologien hinweg – abseits der Luxus- und Tarifordnungen in Mitteleuropa.“ Aktuelle Projekte laufen in Afghanistan, ACEH-Sumatra, Kaschmir, Vietnam. Als nächstes haben die GRÜNHELME ein Projekt in Afrika in Planung.
„Wir von den Grünhelmen planen ein großes Projekt in Afrika, müssen aber vorher erst mit den Regierungen verhandeln. Das ist mühsam, weil die Regierungen dort oft nicht bereit sind, für ihre eigene Bevölkerung einzutreten. Mit einer Regierung bin ich schon im Gespräch, das ist interessanterweise die in Ruanda: der Staatspräsident ist bereit, uns alle Wege zu öffnen und die Schirmherrschaft zu übernehmen. Das wird ein Projekt für hunderte von jungen Leuten, die in bestimmten Handwerksberufen ausgebildet werden. Das sind Handwerksberufe zur Verarbeitung der Rohstoffe dieser Länder. Zugleich soll ein Produktionsverfahren hergestellt werden, um die Produkte auf den Markt zu bringen. Gleichzeitig versuchen wir mit einer deutschen Solarfirma die Solarindustrie in Afrika heimisch zu machen, weil das dort die Zukunftsindustrie für den Weltmarkt wäre.
als Vorbild Albert Schweitzer
Am 6. Januar beginnt das, weil dort vor genau 100 Jahren der Urvater dieser Ideen und Taten, Albert Schweitzer, in der Kirche Sankt Nikolas in Straßburg eine Predigt hielt. Diese war der Beginn für ihn selbst und Zigtausende nach ihm, Entwicklungshilfe in Afrika zu leisten. Er selbst widmete sich von 1913 an für fünfzig Jahre diesem einzigen Unternehmen. Wir wollen uns ihn zum Vorbild nehmen; er sagt: „Für jeden Gewalttätigen im Namen Jesu muss ein Helfer im Namen Jesu kommen. Für jeden, der etwas raubt, einen, der etwas bringt, für jeden, der flucht, einen, der segnet.“
Wir wollen auch in den Kongo, und genau dafür passt diese Aussage. Der Kongo ist ein großes Land mit ungeheuren Reichtümern und Bodenschätzen. Es gibt dort die riesige Kupfer- und Goldvorräte, vor allem das Roherz Coltan, das die Grundlage für Handys bildet. Dieser Reichtum erreicht die Menschen dort überhaupt nicht, er geht immer an den Strukturen eines Staates, den es eh kaum gibt, ganz vorbei. Vom Finanzminister habe ich erfahren – ich wollte es zuerst auch nicht glauben – , dass das Budget des Staates Kongo 440 Millionen Dollar beträgt. Die Hälfte dieses Budgets hat meine kleine Heimatstadt am Niederrhein auch schon.
Dieser Bruch zwischen den armen und reichen Ländern ist ein Skandal, den wir unbedingt ändern müssen. Einige der Weltbürger haben nahezu alles, und die anderen haben gar nichts. Und das kann so nicht weitergehen. Insofern ist in Afrika etwas in Bewegung, was der spanische Innenminister nannte: der friedliche Aufstand der Habenichtse. Es wird auf Dauer nicht gut gehen, wenn die Weltwirtschaft auf einem solchen Ausbeutungsmechanismus beruht.
Ich bin durchaus optimistisch. Auf dem letzten Kirchentag habe ich junge Menschen erlebt, die bereit sind, etwas zu tun, um das Problem bei den Hörnern zu packen. Ich glaube, es beginnt eine Zeit, in der sich große Organisationen zusammentun, z. B. wird es bei dem Weltwirtschaftsgipfel wieder Demonstrationen geben, auf denen Tausende zusammenkommen. Es ist ein großer Bewusstseinsprozess in Gange. Die Menschheit hat schon viele Dinge geschafft, von denen niemand dachte, dass sie zu schaffen wären.“
Und welche Wirkung hatte nun Rupert Neudeck auf die Schüler? Ein Schüler der 12. Klasse aus Altona: „Wir fanden Herrn Neudeck toll, weil er authentisch war. Er brachte das Ganze nicht als einen trockenen Vortrag, sondern es kamen Gefühle und Betroffenheit rüber. Das hatte auf uns eine starke Wirkung. Wir hatten uns anschließend als ganze Klasse gefragt, was man machen kann, um diesen Unterschied zwischen den armen Ländern und dem Westen auszugleichen. Wir sind noch in Diskussion, wie man Spenden einwerben könnte, vielleicht mit einem Spendenlauf.“ Die 8. Klasse aus der Steiner Schule in Altona veröffentlichte, angeregt durch den Vortrag, eine Schülerzeitung. Einzelne Schüler setzten sich darin mit Themen wie „Einwanderer“, „Fairer Handel“, „Hamburger Tafel“ und auch mit diversen Ansätzen zur Umweltverschmutzung, bzw. erneutem Umweltschutz auseinander. In den Vorträgen bei den Schülern hatte Herr Neudeck von dem immensen Wassermangel in der dritten Welt erzählt, dass beispielsweise in Vietnam die Menschen mit 4 Liter Wasser am Tag auskommen müssen. Einige Schüler beschreiben nun ihr eigenen Experimente, wie sie es schaffen, mit derselben Menge auszukommen. Deutlich sind immer wieder Anregungen und Appelle, wie man Wasser sparen kann, in der KFZ-Technik entsprechende Filter benutzt, Luftverschmutzung allgemein reduziert, keine Genmanipulierte Nahrung mehr isst usw..
Es zeigt sich also, dass diese Veranstaltung wach gemacht hat und zu eigenen Initiativen führte.
(Redaktionelle Bearbeitung: Christine Pflug. Die Auszüge aus dem Vortrag von Rupert Neudeck stammen nicht aus der Veranstaltung für die Schüler, sondern aus dem Vortrag in der Rudolf Steiner Schule Nienstedten)