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Nahtoderfahrungen
- und ihr Zusammenhang mit der neuen Kindergeneration
Interview mit Siegfried Woitinas
Leiter der Stuttgarter Forschungsgruppe und Mitglied der „International Association For Near-Death Studies“ (IANDS)
„Alles verändert sich im Himmel und auf der Erde, seit der Christus in der ätherischen Welt zu wirken begonnen hat“. Die Bedeutung dieses Satzes, den Rudolf Steiner vor fast 100 ausgesprochen hat, kann man in seiner umfassenden Dimension durch die Nahtodeserfahrungen mancher Menschen ermessen. Wenn diese Menschen nach – in unserem Sinne – relativ kurzer Zeit wiederbelebt werden, sind sie durch immense spirituelle Sphären gegangen. Sie kommen verwandelt und mit einer anderen leiblichen Konstitution zurück. Interessanterweise findet man eine ähnliche Konstitution, und zwar nicht durch das Erleben eines Nahtodes hervorgerufen, seit der Jahrtausendwende in der neuen Kindergeneration.
Über diese Phänomen und ihre esoterischen Hintergründe hat Siegfried Woitinas seit vielen Jahren geforscht.
In dieser Zusammenfassung eines Interviews sind auch Teile eines Vortrages enthalten, den Siegfried Woitinas im November 2006 im Rudolf Steiner Haus hielt; Veranstalter war die Kultur-Initiative ZeitZeichen.
Interviewpartner: Siegfried Woitinas (*1930 in Breslau), Pädagoge, Mitbegründer des Jugend- und Kulturzentrums FORUM 3 in Stuttgart. Umfangreiche Seminar- und Vortragstätigkeit. Forschungsschwerpunkte u.a.: Grenzerfahrungen wie Nahtoderfahrungen und Reinkarnationserinnerungen, soziale Prozesse. Beratungstätigkeit bei Eltern, Kinder und Jugendliche, die ungewöhnlichen Begabungsprofile aufweisen, die man auch „Indigo-Kinder“ oder auch ADS und ADHS-Kinder nennt. Autor mehrerer Bücher zu diesen Themen.
C. P.: Wie bist Du dazu gekommen, Dich mit Nahtoderfahrungen zu beschäftigen?
S. Woitinas: Ich habe viele Seminare und Vorträge über das spirituelle Wesen des Menschen aus anthroposophischer Sicht gehalten. Ich wurde dabei von Menschen angesprochen, die diese Erlebnisse, die man Nahtoderfahrungen (NTE) nennt, selbst gemacht haben. Sie haben mich um Rat gefragt, wie sie damit umgehen könnten, weil die Erinnerungen an diese Erfahrungen zunächst immer Angst erzeugen oder das Gefühl, verrückt zu sein. So bin ich zu meiner Beratungstätigkeit gekommen.
Ich wurde dann Mitglied der „IANDS“ und habe dann auch auf der wissenschaftlichen Ebene viel dazu gelernt. Bei uns in Stuttgart im Forum 3 hatten wir auch entsprechende Forscher eingeladen – Schröter-Kunhardt, Kenneth Ring, Tom Sawyer und andere, die in Amerika auf diesem Gebiet schon viel geforscht haben.
Ich hatte dann eine Forschungsgruppe mit ca. acht Menschen gebildet und wir haben die Dinge aus der geisteswissenschaftlichen Sicht vertieft. Dadurch konnten die Menschen ihre Erfahrungen verstehen und jetzt erst wirklich in die eigene Persönlichkeit integrieren.
C. P: In welchem Zusammenhang des Zeitgeschehens sind die Nahtoderfahrungen aufgetaucht?
S. Woitinas: Grundsätzlich kann man sagen, dass alles, was bei uns in Mitteleuropa auftritt, im Westen von Amerika zehn bis zwanzig Jahre vorher stattfindet, bzw. ins öffentliche Bewusstsein getreten ist.
Die 60-er Jahre waren geprägt von der Jugend- und Studentenbewegung. Die jungen Menschen, die nach dem Krieg geboren wurden, haben die Ideen der Studentenbewegung mit einer ungeheuren Impulsivität durch die Welt getragen. Sie wollten diese physisch-materielle Welt hinwegfegen oder so durchdringen, dass sie ihre geistige Heimat darin finden. –
In den 70-er hatten die Menschen eine Sehnsucht nach spiritueller Vertiefung. Es entstand eine Fülle von Meditationsbewegungen. –
In den 80er Jahren kamen die Menschen im Zuge der meditativen Erfahrungen zu Reinkarnationserinnerungen.-
In der Folge tauchten dann in den 90-er Jahren die Nahtoderfahrungen auf. Sie sind inzwischen in einer Fülle von Büchern, Dokumenten und Schriften veröffentlicht worden. –
Seit der Jahrtausendwende kommt eine neue Kindergeneration ins Blickfeld. Die Menschen, die durch die Erfahrungen, die sie an der Schwelle des Todes gemacht haben und mit denen sie dann wieder verwandelt ins Leben zurückkehren, zeigen eine Reihe von Eigenschaften und Fähigkeiten, welche viele Ähnlichkeiten aufweisen, die auch bei heutigen Kinder zur Erscheinung kommen, auch wenn diese das selbst nicht gleich in Worte fassen können – Hellsichtigkeit, Heilkräfte, Reinkarnations-Erinnerungen. Ein bemerkenswertes Phänomen.
An der Jahrtausendwende hat sich noch anderes dazugestellt, beispielsweise Gespräche mit Engeln und Naturgeistern. Das alles hängt nach meiner Anschauung zusammen mit dem, was man Christus-Wirksamkeit nennt.
Rudolf Steiner wies 1910 darauf hin, dass „sich alles verändern wird im Himmel und auf der Erde, seit der Christus in der ätherischen Welt zu wirken begonnen hat“ (1)
„Du bist in der Gegenwart des Sohnes Gottes“
C. P.: Der Amerikaner Georg Ritchie (2) war der Erste, durch den die Nahtoderfahrungen in seinem Buch „Rückkehr von morgen“ weltweit populär wurden. Was sind seine wichtigsten Erfahrungen?
S. Woitinas: Er war damals, zur Zeit des zweiten Weltkriegs, 20 Jahre alt und wurde eingezogen. Er erkrankte an einer schweren Lungenentzündung. Er wurde in einen Aufbewahrungsraum gebracht, weil man ihn für tot hielt, und der Sanitäter hatte die Aufgabe, ein Leichentuch über ihn zu decken. Da passierte das, wovon viele andere auch berichtet haben: er löste sich aus seinem Körper heraus. Das wird in der späteren Forschung „out of body Erfahrung“ genannt. Es war verbunden mit einem ungeheuren Freiheitserlebnis und ein Zurückschauen auf den eigenen Körper. Ritchie wusste in dem Moment nicht, was da passiert und fragte sich, ob „das denn nun der Tod ist“.
Dann wurde es im Raum plötzlich licht. „Diese Helligkeit nahm zu, sie kam von nirgendwo her und schien aber überall gleichzeitig zu sein. …. Es war unmöglich hell: es war wie das Licht von einer Millionen Schweißbrennern, die auf einmal arbeiteten. …Denn jetzt sah ich, dass es nicht ein Licht war, sondern ein Mann, der den Raum betreten hatte oder vielmehr ein Mann aus Licht … . Ich bekam die erstaunliche Gewissheit: „Du bist in der Gegenwart des Sohnes Gottes.“ … Über allem wusste ich mit derselben wunderbaren inneren Gewissheit, dass dieser Mann mich liebte.“
Ritchie erlebt dann „jede einzelne Episode seines Lebens“, ein Lebenspanorama.
Dann kommt er in eine Sphäre, wo er viele verstorbene Seelen sehen konnte, die sich erlebnismäßig nicht von der Erinnerung an den physischen Leib lösen konnten. Das war an dem realen Ort einer Bar, und diese Verstorbenen umringten die physisch trinkenden Matrosen und warteten, bis einer betrunken zu Boden fiel. Ritchie schilderte, wie deren Aura aufriss und wie in dem Augenblick die verstorbene Seele voller Sucht nach dem Alkohol in die Hülle des lebenden Menschen hinein schlüpft! Er konnte aber auch sehen, wie diese Seele immer „hindurchgriff“ und nie an das Physische des Alkohols rankam. –
Diejenigen, die sich mit dem Nachtodlichen beschäftigt haben, wissen, dass es sich um die Läuterungssphäre handelt, die an die unmittelbare Erde angrenzende Schicht der Astralwelt, die jede verstorbene Seele durchleben muss, um sich geistig zu verwandeln. –
Er kam dann in eine Welt, wo er andere geistige Wesen sah und er fragte seinen Begleiter: Warum sehen diese Wesen der Zwischenwelt die Engel und Lichtwesen nicht? Und es wurde ihm die Antwort zuteil: „Sie können das nicht, weil sie auf der Erde nicht gelernt haben zu denken, dass es eine geistige Welt gibt.“
eine „Lichtstadt“
Er wurde von seinem Begleiter in eine „Lichtstadt“ geführt, von der er dann später sagte: „Ich hatte mich nie mit der „Offenbarung des Johannes“ beschäftigt; erst im Rückblick konnte ich erkennen, dass ich einen Blick werfen durfte auf diese leuchtende Stadt, das neue Jerusalem. Alles schien aus Licht erschaffen zu sein.“
Es musste ihn ungeheuer geschmerzt haben, in seinen Körper zurückzugehen, er hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass diese Lichtwelt seine Heimat sei. Es wurde ihm aber dringend gesagt: Du hast noch eine Aufgabe auf der Erde.
Aufgrund all dieser Erfahrungen hatte er die Gewissheit bekommen, dass diese geistige Welt eine Realität ist und dass dieses Lichtwesen, das er Christus nannte, ein Helfer der Menschen ist. Er sagte dazu später, vor allem in seiner Arbeit als Arzt: „Ich habe ihn jeden Tag bei mir gehabt und dadurch vielen Menschen helfen können.“
C. P.: Welche anderen Berichte von Menschen mit NTE gibt es?
S. Woitinas: Tom Sawyer, (3) ein junger Mann, wollte seinen Lastkraftwagen reparieren und legte sich dazu unter ihn. Der brach plötzlich ein und sein Brustkorb wurde bis auf 10 cm zusammengedrückt! Es dauerte einige Zeit, bis er durch einen Wagenheber wieder befreit werden konnte.
Er schildert ähnlich wie Ritchie, dass er seinen Körper, der unter dem Lastwagen lag, sah, und wie der Schmerz plötzlich aufhörte und er ein ungeheures Freiheitserlebnis hatte. Er versuchte aus dieser außerkörperlichen Sicht andere Menschen anzuweisen, wie sie mit diesem Lastwagen umzugehen hätten, damit sie seinen physischen Körper befreien könnten, d. h. er hatte sein volles Bewusstsein und Denkvermögen behalten. Aber die anderen konnten ihn nicht wahrnehmen und hören.
Im Angesicht dieses Lichtwesens, das auch ihm begegnete, entstand in ihm das Gefühl, dass er noch eine Aufgabe im Leben zu bewältigen hätte. Er erlebte, dass dieses Licht „zugleich grenzenloses Wissen und Liebe war und eine größere Macht darstellte als alles andere. In diesem Licht zu sein bedeutete für mich ein totales Glück. Seither habe ich das Gefühl, dass ich eine Aufgabe im Leben zu bewältigen habe.“
Es wurde ihm die Botschaft vermittelt, dass er „liebesfähig sein und daran auch arbeiten müsste. Das ist mir heute als Botschaft geblieben; so, als wäre es mir mit einem Stempel auf das Rückgrat gebrannt worden.“
Vergangenheit und Zukunft sind gleichzeitig da
Er erlebte die Auflösung von Zeit und Raum. Vergangenheit und Zukunft sind gleichzeitig da. Er erlebte sich „voll als die Individualität, die ich war, und trotzdem verschmolz ich mit dem Licht, mit dieser ungeheuren Liebe und Strahlkraft.“ Er beschreibt seinen Kontakt mit dem Licht als „überstrahlende telepathische Kommunikation“ und sie findet statt „schneller als Lichtgeschwindigkeit“. Es ist, als ob Frage und Antwort gleichzeitig anwesend sind. Damit stimmt er in der Erfahrung vieler anderer Nahtoderfahrener überein.
C. P.: Es gibt bei den NTE bestimmte Stufen, die man durchläuft. Welche sind das und was passiert dabei?
S. Woitinas: Der damalige Student Raymond Moody war von einem Vortrag von Ritchie so beeindruckt, dass er es sich zur Aufgabe gemacht hat, diese Erfahrungen von tausenden von Menschen mit NTE zu sammeln und systematisch aufzuarbeiten. Denn viele Menschen, auch Wissenschaftler und Neurologen hatten die Frage, ob das nicht auch Halluzinationen oder andere Wahrnehmungsstörungen sein könnten.
Diese Erlebnisse haben aber genau das Gegenteil: sie heilen den Menschen, sie machen den Menschen in seinem Innersten sicherer, sie führen ihn zu seinem innersten Wesenskern und vermitteln eine ungewöhnliche Heilkraft. Wenn solche Menschen wieder in ihr Leben zurückkehrten, war ihr Wesen verwandelt, ohne die Persönlichkeit aufzulösen. Es werden sogar Kräfte hervorgerufen, die der Mensch wahrscheinlich schon vorher hatte, die aber bis dahin verschüttet waren.
Die Stufen der NTE, wie Moody sie beschreibt, sind folgende:
1. Out of body Erfahrung; man sieht den eigenen Körper von außen
2. außersinnlich räumliche Erfahrung
3. „Tunnel-Erlebnis“
4. Lichtwelt
5. Lebensrückschau
6. Das „Lichtwesen“
7. „Lichtstadt“
8. Rückkehr in den Leib
9. Verwandlung, Heilung
10. neues Verhältnis zur Sozialität
Nicht jeder kommt jedoch zur Erfahrung der höheren Stufen; auch die Reihenfolge ist individuell.
C. P.: Wie wird dieses Lichtwesen, der Christus, beschrieben?
S. Woitinas: Wir hatten Ritchie, als er in Stuttgart im Forum3 war, die Frage gestellt: „Woher weißt du, dass das der Christus war?“ Ritchie antwortete ganz schlicht: „Weil ich ihn gesehen habe.“ Seine Art zu antworten war das Überzeugende.
Wenn man die Bericht vergleicht, sind es immer die gleichen Charakterisierungen: ganz angenommen zu werden, so wie man ist; die ganze Vergangenheit des Menschen, auch seine Unzulänglichkeiten werden angenommen und verstanden, um das Bestmöglichste daraus zu machen. Es ist nur Verstehen und Liebe!
C. P.: Nicht alle Menschen mit NTE haben die gleichen Erlebnisse und auch nicht immer sind es die 10 Stufen, wie sie von Moody beschrieben werden. Welche unterschiedlichen Möglichkeiten gibt es?
S. Woitinas: Es gibt unterschiedliche Sphären und nicht alle treten bei den NTEs auf. Es kann sein, dass jemand lediglich ein Out-of-Body-Erlebnis hat. Viele beschreiben dann, dass sie den Raum sehen, in dem ihr Körper liegt, also wo beispielsweise die Operation stattfindet, sie hören die Gespräche der Ärzte usw. Sie haben ein peripheres Raumsehen, können beispielsweise den OP-Tisch von unten sehen, die umgebenden Menschen, ihre Gedanken. Manche berichten, wie sie dann die Zimmerdecke durchdrungen haben und das ganze Krankenhaus von außen gesehen haben. Sie konnten dafür auch Beweise geben: da draußen an diesem Fenster liegt auf dem Fensterbrett ein Schuh!
Es gibt umfangreiche Beweise, dass eine Art von Sehen außerhalb des Körpers möglich ist. Kenneth Ring hat systematische Studien mit Blindgeborenen gemacht, die in der Nahtodverfassung sehen konnten!
ein deutliches Freiheits- und Leichtigkeitserleben
Es tritt ein deutliches Freiheits- und Leichtigkeitserleben auf. Sie werden wie in einen dunklen Tunnel hineingesogen und am Ende dieses Tunnels ist Licht. Es gibt ein Bild von Hieronymos Bosch, wo er genau das gemalt hat. Es gibt Menschen, die bleiben allerdings in der dunklen Welt des Tunnels, d. h. der Dämonenwelt, hängen, oder wissen zumindest, dass jenseits dieser schützenden Tunnelwand noch etwas ist.
Das Eintreten in die Lichtwelt ist von Farbenfluten umgeben. Manchmal werden dort Wesen gesehen, die zum Teil erkannt werden als Verstorbene, mit denen der Betroffene verbunden war. Manche sehen auch Engelwesen, die auf den Menschen warten. Dieses Lichtwesen, das einige als Jesus oder Christus erkennen, wird zunächst von einigen als der Führer dieser Lichtwelt erlebt.
Das, was wir als Lebenspanorama bezeichnen, erscheint wie in einem gewaltigen, mehrdimensionalen Wandgemälde, in dem alle Einzelheiten des Lebens gleichzeitig da sind. Und doch wird es in der Regel rückwärts erlebt.
Manche dieser Menschen schauen danach die „Lichtstadt“.
Auch können manche in die Zukunft schauen, manche in die Vergangenheit. Eine Amerikanerin, Betty Easly, berichtet, dass sie in diesem Allwissen, das sie durch das Lichtwesen mitgeteilt bekam, weit zurückblicken konnte, wie die ganze Schöpfung entstanden ist. „Ich hatte das Gefühl, ich war von Anfang an bei der Schöpfung dabei.“
Nicht alle Menschen, die eine NTE haben, kommen bis zu dieser Schwelle.
Manchmal sind es nur wenige Minuten, die Menschen außerhalb ihres Leibes waren, z. T. klinisch tot waren, d. h. in ganz wenigen Minuten finden diese gewaltigen Erlebnisse statt. Das ist das Unglaubliche und Wunderbare! Alle stimmen überein, dass sie dort in der geistigen Welt bleiben wollten, es war die Seligkeit. Aber immer heißt es dann: Du musst wieder zurück, du hast eine Aufgabe auf der Erde. Es wird in ihnen ein Verantwortungsgefühl aufgerufen, durch das Lichtwesen oder die anderen Wesen, die in dieser Sphäre tätig sind. In dem Augenblick wird häufig widerwillig der Rückweg angetreten.
Das ist der Zeitpunkt, wo bei einem scheinbar Toten meist Reanimationsmaßnahmen getroffen werden.
Von der physischen Seite aus gesehen kommt dann wieder das Leben zurück und von der geistigen Seite aus wird es als eine Art Sog erlebt. Treten die Menschen wieder in ihren Körper ein, werden sofort wieder die Schmerzen empfunden; sie erleben Enge, Schwere, Dunkelheit. –
Kenneth Ring, ein Forscher, der diese Erlebnisse von vielen zusammengefasst hat, beschreibt, dass die Menschen verwandelt auf die Erde zurückkommen. Diese Verwandlung hat eine außerordentlich starke Wirkung, ist aber am Anfang häufig mit sozialen Problemen verbunden, weil der Mensch von seinen Mitmenschen z. T. als ein stark Verwandelter erlebt wird.
C. P.: Wie zeigt sich diese Verwandlung nach einem NTE?
S. Woitinas: Dannion Brinkley (4) beispielsweise war ein Schlägertyp, er beschreibt sich selbst als „böser Mensch“. Er war im Vietnam-Krieg, wo er heimtückisch vietnamesische Offiziere aus dem Hinterhalt erschossen hatte. Wieder zurück in seiner Heimat wurde er beim Telefonieren durch einen Blitzschlag getroffen und war er einige Minuten lang „tot“. Er hatte dabei ähnliche Erlebnisse, wie es von anderen auch beschrieben wurde.
Aber bei seinem nachtodlichen Lebensrückblick spürte er das Leid der Menschen, denen er etwas zugefügt oder sie getötet hatte, ja sogar das Verlusterlebnis der Angehörigen. Er hatte z. B. illegal Waffen verkauft und erlebte nun auch das Leid, das durch diese Waffen angerichtet worden war. Das erfüllte ihn mit tiefer Trauer und Scham. Man sieht daran, in welch weit ausgedehnte Erlebnis-Ebene der Mensch hineinkommt. –
Das bewirkte nach der Rückkehr in seinen Körper eine tiefe Verwandlung; voller Liebe ging er zu den Menschen, die er vor seinem NTE geschädigt hatte, die ihm jedoch zunächst voller Misstrauen begegneten.
Bei anderen zeigt sich die Verwandlung so, dass sie hellsichtig werden, heilen können, sie werden mitunter außerordentlich empfindlich für Licht- und Klangwahrnehmungen; aber sie kommen zurück mit einer starken Wertschätzung des Lebens, mit Liebe zur Erde, zu den Menschen und der Natur.
Kenneth Ring hat in einer Systematik die ganzen Veränderungen dieser Menschen aufgeschrieben. Er hatte dabei den Eindruck, dass er bei seinen Gesprächen immer wie „mit dem gleichen Wesen“ in ihnen gesprochen hätte. „Es ist etwas, was von diesen Menschen ausstrahlt. Sie schaffen auf der Erde etwas Neues, Zukünftiges, indem sie ihre geistigen Erlebnisse denkerisch verarbeiten lernen und das schafft eine neue Sphäre um die Erde“, sagt er.
C. P.: Was passiert aus Sicht der Geisteswissenschaft, wenn Menschen zum einen wirklich tot sind und wenn sie zum anderen Nahtodeserfahrungen haben?
S. Woitinas: Aus den Erkenntnissen Rudolf Steiners wissen wir, dass sich diese Phasen in längere Zeitetappen auseinander ziehen. Das Erleben des Lebenspanoramas dauert etwa drei Tage, das Bewerten des Lebens, d. h. das Rückwärtserleben und –fühlen, dauert in etwa ein Drittel der Zeit, die ein Mensch gelebt hat. Danach geht er wieder in eine rein geistige Sphäre, um sich für das nächste Leben vorzubereiten.
Bei Menschen mit Nahtodeserfahrungen schieben sich diese Phasen ineinander, d. h. nach dem „außerkörperlichen Erleben“ kommt das „Tunnel-Erlebnis“, dann das Hineingehen in das Licht. Sie haben auch das Lebenspanorama, aber zugleich wird für viele darin auch eine Bewertung des Lebens deutlich. In der Begegnung mit dem Lichtwesen kommen Fragen: Hast du in deinem Leben geliebt? Wie viel hast du gelernt? – Die große, bewegende Frage stellt sich dabei dem Forscher: Wie ist das möglich, dass in wenigen Minuten fast gleichzeitig erlebt wird, was in der physischen Zeit-Raumeswelt in Jahrzehnten geschehen ist?
Vielleicht ist der Hinweis Rudolf Steiners eine Antwort auf diese Frage, dass ab der Mitte des 20. Jahrhunderts dieses Lichtwesen vor die Menschen treten wird, und zwar unmittelbar nach dem Tod, und sie nach ihrem Schicksal fragen wird. Das nennt er, dass der Christus der Herr des Karma geworden ist. Die Menschen werden durch die Augen des Christus ihr eigenes Leben anschauen und bewerten lernen.
Das ist das Neue: die Ewigkeit ragt in das Zeitliche hinein!
Das verändert die Menschen derartig, dass sie mit einer anderen Konstitution wieder in das Leben zurückkommen und ihnen dadurch spirituelle Fähigkeiten geweckt werden, z. B. Hellsehen, heilen können u.a..
in dem Christus lebt ein Bewusstsein für alle menschlichen Einzelleben
C. P.: Wie kann man das verstehen?
S. Woitinas: Ein Aspekt ist der, dass der Mensch ja außerhalb seines Köpers ist, und damit Raum und Zeit aufgehoben sind.
Wenn man es von der esoterischen Sicht sieht und das Wesen des Christus versteht, weiß man, dass in diesem göttlichen Wesen Zeit und Raum aufgehoben ist; in ihm ist unmittelbar gegenwärtig der Anfang und das Ende der Evolution. Ritchie wurde ja gefragt, ob der diese Sphären der geistigen Welt mit seinen eigenen Augen gesehen hätte. Das verneinte er: „Ich habe es durch die Augen des Christus gesehen. Er hat mir das gezeigt.“
Wenn man es ernst nimmt, dass in dem Christus das ganze Weltdasein präsent ist und man dann durch seine Augen auf das eigene Leben schaut, ist es unmittelbar, ohne Raum- und Zeitdifferenzierung präsent. In dem Christus lebt auch ein Bewusstsein für alle menschlichen Einzelleben. Ein gewaltiger Gedanke!
Wenn man sich mit diesem Lichtwesen verbindet, dann ist mit einer „Überlichtgeschwindigkeit“, wie der Tom Sawyer das geschildert hat, auch das eigene Leben präsent. Wenn man dann wieder in den Körper zurückgeht, muss man die Dinge mühsam in einzelnen Zeitschritten und nacheinander denken. Tom Sawyer schilderte das: „Fragen und Antworten waren gleichzeitig; ich hatte dort alles gewusst. Aber hier muss ich es völlig neu denken lernen.“
C. P.: Die Menschen mit den Nahtoderfahrungen haben also diese Erlebnisse deshalb so konzentriert, weil sie das durch die „Augen des Christus“ sehen, bzw. mit seiner Hilfe dazu geführt werden?! Was geschieht mit Menschen, die endgültig sterben?
S. Woitinas: Die Verstorbenen nehmen ihre irdische Denk- und Bewusstseinsart in die geistigen Dimensionen mit und müssen erst lernen, Seh- und Gefühlsgewohnheiten, Zeit und Raum zu überwinden und diese in einzelnen Sphären nach und nach zu durchleben. Das findet man in der geisteswissenschaftlichen Literatur ausführlich beschrieben. Dadurch gewinnen sie aber auch Kräfte, mit denen sie sich für das nächste Leben vorbereiten.
Der Christus trägt aber diese hohen geistigen Dimensionen, durch die der „normal“ Sterbende durchgehen muss, heute herunter in die ätherische Welt, die auf die Erde unmittelbar angrenzt. Das heißt das „Erscheinen des Christus in der Ätherwelt“; Christus war immer in der geistigen Welt vorhanden, aber durch das Hinuntersteigen in die erdnahen Äthersphären können die Menschen mit Nahtodeserlebnissen „durch“ ihn in einer veränderten, gerafften Weise ihr eigenes Wesen durchleben und erhalten eine neue Chance zu leben! „Denn siehe, ich mache alle Dinge neu“, so konkret muss man das Christuswort nehmen.
sie verbinden sich nicht so intensiv mit dem physisch-ätherischen Erb-Organismus
C. P.: Die Menschen bekommen durch die Nahtodeserlebnisse eine veränderte Konstitution. Du sagst, dass heute viele Kinder mit dieser „gelockerten“ Konstitution bereits auf die Welt kommen, ohne die NTE gehabt zu haben. Wie ist diese Konstitution? Wie wirkt sich das bei den Kindern aus?
S. Woitinas: Die Äther- und Astralwelt, durch die die verstorbene Seele hindurchgehen, sind dieselben, durch die das Ich dann wieder zu seiner neuen Geburt heruntersteigt, um sich einen neuen eigenen astralischen und ätherischen Leib anzueignen. Hier ist die Konstitution nach der Geburt so, dass sich diese neuen mitgebrachten Leiber zunächst den mütterlichen Organismus durchdringen.
Aber: es ist wie ein lockereres Gefüge, was bei diesen Kinder länger erhalten bleibt, so dass sie nicht so „blindlings“ in die mütterliche Organisation „herunterstürzen“ lässt und sie verbinden sich nicht so stark mit dem Physisch-Leiblichen, wie das noch in den vergangenen Jahrzehnten war. Sie behalten dadurch noch ein Bewusstsein zurück von dem Durchgang durch die vorgeburtliche Welt. Sie behalten z. B. Erlebnisse, wie sie die Mutter umkreist haben, wie sie dann den Organismus der Mutter durchdrungen haben und „heruntergestiegen“ sind. Diese Erinnerung an die vorgeburtliche Welt wie auch an vergangene Leben bewirkt, dass sie sich nicht so intensiv mit dem physisch-ätherischen Erb-Organismus verbinden und der eigene ätherisch-astralische Organismus weniger durch den physischen Körper „zugedeckt“ wird. Das ist in gewissem Sinne eine „Zurückhaltung“ gegenüber der physischen Welt. Dadurch bleiben Erinnerungen an die vorgeburtliche Welt stärker präsent, einschließlich Erinnerungen an frühere Leben.
C. P.: Weißt Du das aus Gespräche mit diesen Menschen?
S. Woitinas: Ja, ich kenne viele Kinder, die das geschildert haben. In meinem Buch „Die Indigo-Kinder“ habe ich solche Beispiele aufgeführt.
Bis zum Alter von 9 Jahren bleibt ein solches Bewusstsein den Kindern sehr präsent. Sie brauchen die Hilfe und das Verständnis der Erwachsenen dafür, dass sie mit diesen Erlebnissen umgehen können und sie formulieren lernen. Nur dann wird das in die Persönlichkeit integriert. Das schafft auch Vertrauen.
C. P.: Wahrscheinlich wissen sie gar nicht, dass andere Menschen das anders erleben?!
S. Woitinas: So ist es. Sie halten es für selbstverständlich und glauben, alle anderen seinen auch so. Und deshalb kommt es auch zu einem Erschrecken, wenn sie solche Dinge aussprechen und die Eltern sagen: „Das ist Quatsch. Rede nicht so dumm.“ Insofern unterdrücken sie solche Erlebnisse und die tauchen erst wieder auf, wenn sie sich als Erwachsene an solche Dinge erinnern.
Wenn solche Erinnerungen in fortschreitendem Alter zunächst einmal versinken, ist das auch gesund, denn es würde die Kinder befangen machen gegenüber der neuen Inkarnationserfahrung und den gegenwärtigen Zeitumständen. Aber, wie gesagt, es muss in rechter Weise aufgegriffen werden, und das können sie nicht allein.
sie halten ihre übersinnliche Organisation sehr stark außerhalb der physischen Organisation
C. P.: Und wie kommt es zu den Problemen, bzw. den neuen Kinderkrankheiten?
S. Woitinas: Wenn bei den Kindern dieses Bewusstsein lange präsent bleibt, halten sie ihre übersinnliche Organisation sehr stark außerhalb der physischen Organisation. Sie behalten beispielsweise dieses Panorama-Bewusstsein, dass man in der geistigen Welt hat. Sie sehen alles gleichzeitig: das Seelische, das Geistige, die Aura um die anderen Menschen, in den Tieren und in der Natur. Das verhindert sie an einem fokussierten, punktuellen Sehen der einzelnen Gegenstände. Sie leben quasi in einem Doppelbewusstsein, sie sehen alles gleichzeitig und kommen dadurch nicht zu einem punktuellen Bewusstsein, das man braucht, um den physischen Organismus zu benutzen. Das ist z. B. auch bei vielen Legasthenikern eine besondere Problematik.
Man muss jedoch alle diese Kinder verstehen, sie sehr individuell erforschen und mit ihnen über ihre Problematik reden. Wenn das nicht passiert, ziehen sie sich zurück und bleiben in einer misstrauischen Position gegenüber ihrer eigenen Leiblichkeit und bestimmte Gehirnstrukturen werden nicht ausgebildet; das verhindert eine gesunde Inkarnation. Wenn sie sich verstanden fühlen, bilden sie ein inneres Vertrauensverhältnis zu dem Erwachsenen, lernen sich dann selbst verstehen und bilden dann ein Vertrauen zur ganzen physisch-materiellen Welt. Rudolf Steiner hat über diese Problematik unter dem Stichwort „Nervosität“ eingehende Darstellungen gegeben, die von dem Arzt Dr. Harald Haas in guter systematischer Form veröffentlicht wurde(5).
Durch die Zusammenschau der beiden Erfahrungsgebiete – Nahtoderfahrungen und Eigenschaften der neuen Kindergeneration – werden also aus geistiger Perspektive erstaunliche Zusammenhänge sichtbar, die in ihrer Bedeutung erst einmal begriffen und weiter erforscht werden müssen.
(1) GA 118, Vortrag in Karlsruhe, 25.1.1910
(2) Georg Ritchie „Rückkehr von morgen“
(3) Tom Sawyer „Nahtodeserfahrungen und die Wandlung seines Lebens“. Flensburger Hefte Verlag. „Nah-Todeserfahrungen“, Flensburger Hefte Nr. 51
(4) Zurück ins Leben. Die wahre Geschichte des Mannes, der zweimal starb. von Dannion Brinkley und Paul Perry
Kenneth Ring: „Im Angesicht des Lichts“
(5) Dr. H. Haas „Die Aufmerksamkeits-Defizit-Störung“ „Der Merkurstab“ Heft 2/2005